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Neue Vorwürfe gegen Nortel

17.05.2004

Der Betrugsskandal um Nortel Networks spitzt sich weiter zu: Wie das "Wall Street Journal" berichtet, zahlte der kanadische TK-Ausrüster im Februar 2004 einigen seiner Topmanager Millionen Dollar hohe Bargeldprämien anstelle der bislang üblichen Aktienzuweisungen – wenige Wochen vor der Ankündigung einer erneuten Bilanzrevision, die den Börsenkurs von Nortel tief in den Keller schickte (Computerwoche.de berichtete).

Wie aus mehreren Mitteilungen an die US-Börsenaufsicht SEC hervorgeht, waren die Prämien Teil eines langfristigen Vergütungsplans. In den vergangenen Jahren, wie auch zuletzt im Juli 2003, waren die Boni allerdings ausschließlich in Form von Aktien ausgezahlt worden. Am 29. Januar 2004 entschied das Entschädigungskomitee aber, eine Ausnahme zu machen und die Hälfte der Summe bar auszuzahlen. In Anbetracht der Tatsache, dass der Wert der Papiere seit der Schauermeldung um fast 44 Prozent eingebrochen ist, machten die Manager dabei ein gutes Geschäft. Hinzu kommt noch, dass ein weiteres Viertel der Aktienprämie von Nortel einbehalten wurde, um die Boni zu versteuern.

Auch die Art und Weise, wie die Barauszahlungen in den SEC-Filings dokumentiert wurden, bezeichneten Finanzexperten gegenüber dem "WSJ" als "ungewöhnlich": Die Führungskräfte erhielten Aktien, die sie sofort wieder an das Unternehmen veräußerten. Üblicherweise müssen die Anteile über einen Zeitraum von mehreren Monaten oder Jahren gehalten werden, um das Interesse der Manager an einer nachhaltigen Gesundung der Company zu stärken. Bei Nortels Bonusprogramm wurde hingegen lediglich die kurzfristige Leistung honoriert.

Unterdessen teilte das Unternehmen mit, dass eine US-Untersuchungskammer Finanzmitteilungen und Bilanzunterlagen eingefordert habe. Die verlangten Dokumente beziehen sich auf den Zeitraum vom 1. Januar 2000 bis zum jetzigen Zeitpunkt. Laut Nortel werden die Unterlagen für eine laufende strafrechtliche Untersuchung der Staatsanwaltschaft für den Norddistrikt von Texas benötigt. Daneben ermitteln noch die US-Börsenaufsicht SEC und ihr Pendant in Kanada, die Ontario Securities Commission, gegen den TK-Ausrüster.

Nortel hatte Mitte März vor einer möglichen Berichtigung der vorläufigen Jahresergebnisse 2003 gewarnt. Am 28. April setzten die Kanadier dann ihren CEO Frank Dunn, Finanzchef Douglas Beatty sowie den Leiter der Bilanzabteilung Michael Gollogly vor die Tür. Gleichzeitig teilten sie mit, dass sie voraussichtlich die Bilanzen für jedes der vier Quartale des Fiskaljahrs 2003 sowie für weitere Vierteljahre aus den Geschäftsjahren 2001 und 2002 revidieren müssten (Computerwoche.de berichtete). (mb)