44 Prozent mehr Systemprogrammierer als im Vorjahr, aber Asiatische Gehaelter verderben deutschen DVern das Geschaeft

22.12.1995

Von dem Run auf Software-Entwickler und -Spezialisten profitieren auch die Systemprogrammierer. Die Zahl der Stellenanzeigen in 34 Tageszeitungen stieg nach einer EMC-Auswertung gegenueber dem Vorjahr um 44 Prozent. Allerdings glaubt Heiner Poessnecker* nicht an einen anhaltenden Boom.

Zu den Gruenden der gestiegenen Nachfrage nach Programmierern meint Hartmut Kitzrow, Projektleiter bei der Lufthansa in Frankfurt: "Die Entwicklung der Datenhaltung auf Servern und in vernetzten Umgebungen macht Systemprogrammierer notwendig." Kitzrow erwartet jedoch nicht, dass der derzeitige Run auf diese Spezialisten anhalten wird. "Wenn man fuer einen Stundensatz von 25 Mark in Indien programmieren lassen kann, ist das doch eine einfache betriebswirtschaftliche Rechnung." Wegen sprachlicher Barrieren und der Bewahrung firmeninterner Kernfunktionen sei es unbedingt erforderlich, noch genuegend Anwendungsentwickler und Systemanalytiker als Betreuer im Unternehmen zu behalten. Auch das werde sich noch rechnen, meint Kitzrow.

"Nach den uns vorliegenden Informationen ist der gesamte Arbeitsmarkt immer noch in einer Phase der Konsolidierung. Die Informatiker zaehlen zu den gluecklichen Ausnahmen, die diesem Schrumpfungsprozess nicht unterworfen sind", fuehrt Margaret Horstmann, Hochschulbeauftragte des Arbeitsamtes Hamburg, aus.

Die Aussage einer kuerzlich veroeffentlichten Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft, wonach technischer Fortschritt Arbeitsplaetze erzeuge, koenne sie so nicht unterschreiben. Es sei in erster Linie die Industrie, die auf Dauer Arbeitsplaetze zu schaffen in der Lage sei. Aber aus dieser Richtung kaemen - von wenigen ruehmlichen Ausnahmen abgesehen - nicht viele Impulse.

"Wenn deutsche Grossunternehmen zunehmend in Osteuropa und Asien programmieren lassen, ist das der Beginn einer Entwicklung, bei der nur noch Kernbereiche im Unternehmen von eigenen Leuten versorgt werden und alles, was nach aussen verlagert werden kann, von Externen - international und vernetzt - erledigt wird", meint die Hamburger Arbeitsamtberaterin. Dafuer brauche man gut ausgebildete und erfahrene Informatiker.

Horstmann glaubt, dass kuenftig vor allem Jobsuchende gute Vermittlungschancen haben, die auf ein breites Wissen zurueckgreifen koennen, also vernetzt denken und lernfaehig bleiben: "In der DV ist das am augenfaelligsten."

Spezialistentum werde immer weniger eine Rolle spielen. Gefragt sei die Faehigkeit, sich schnell auf neue Dinge einzustellen, offen zu sein fuer Veraenderungen. Das kann Kitzrow aus seiner Praxis nur bestaetigen: "Ich selbst trachte danach, immer up to date zu sein. Ausserdem muss ich in meinen Projekten dafuer sorgen, auch personell ein gewisses High-Tech-Potential vorzuhalten."