Umsatzeinbruch und Rekordverlust

3Com rechnet noch neun Monate mit roten Zahlen

07.07.2000
MÜNCHEN (jha) - 3Coms Jahresbilanz fiel schlecht aus - allerdings nicht so schlecht wie erwartet. Zwar brach der Umsatz ein, und der Verlust wuchs auf Rekordniveau, Analysten und 3Com-Management hatten jedoch mit Schlimmerem gerechnet. Gewinn werden die Netzwerker jedoch auf lange Sicht nicht erwirtschaften.

Die Abmagerungskur des Netzwerkherstellers hat Spuren hinterlassen. Nachdem der einstige Cisco-Rivale seinen Anspruch eines Ende-zu-Ende-Anbieters samt wesentlicher Umsatzträger etwa im Großkunden- und Modemgeschäft im März dieses Jahres fallen ließ, musste 3Com seiner Strategieänderung nun mit einer rot eingefärbten Jahresbilanz Tribut zollen.

Ende Mai schloss 3Com sein viertes Geschäftsquartal mit einem Minusrekord ab. Der Verlust betrug 340 Millionen Dollar (Nettoverlust: 146 Millionen Dollar) gegenüber einem Gewinn von 88 Millionen Dollar im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Der Umsatz brach in dieser Zeit um 38 Prozent von 1,2 Milliarden Dollar auf 763 Millionen Dollar ein.

Dennoch gaben sich die 3Com-Manager optimistisch, denn sie hatten Schlimmeres erwartet. Die Topmanager der Netzwerker rechneten mit einem Verlust von bis zu 500 Millionen Dollar und einem Maximalumsatz von 750 Millionen Dollar.

Der Jahresvergleich der Finanzdaten fällt nicht ganz so verheerend aus. Zwar schmolz der Umsatz von 5,2 Milliarden Dollar im Fiskaljahr 1999 auf 4,33 Milliarden Dollar, die bis zum 2. Juni 2000 eingenommen wurden. Doch beim Gewinn konnte 3Com sogar um 67 Prozent zulegen, und zwar von 403 Millionen Dollar auf 674 Millionen Dollar.

Wiedereinstieg in den EndgerätemarktDie Zeit der roten Zahlen ist für 3Com noch lange nicht vorüber. Für fast das gesamte kommende Geschäftsjahr erwartet CEO Eric Benhamou verlustbringende Geschäfte. Erst im vierten Quartal 2001 werden die Netzwerker laut Plan die Verlustzone wieder verlassen.

Vordringlichstes Ziel ist es nun, den Umsatz anzukurbeln, um möglichst schnell das alte Niveau wieder zu erreichen. Dabei soll die Konzentration auf neue Märkte helfen. Genannt werden hier etwa der Absatz von IP-Telefonen und -Anlagen, drahtlose Zugangstechniken sowie xDSL- und Kabelmodems. Etwas überraschend fällt unter die Kategorie neue Märkte (also Umsatzgeneratoren) auch das Geschäft mit Internet-Appliances. Im Lauf dieses Jahres wird 3Com beispielsweise ein Web-Tablett für das digitale Heim auf den Markt bringen. Es wird die Ausmaße eines Notebook-Bildschirms haben. Per Touchscreen sollen Heimanwender damit im Internet surfen können.

Ein weitere Baustelle macht 3Com mit dem Erwerb von Kerbango auf. Das Unternehmen, das für 80 Millionen Dollar gekauft wurde, betreibt einen Tuning-Service im Web (www.kerbango. com), mit dem sich Radiosender auswählen und Musikstücke via Internet abspielen lassen. Zudem hat das Unternehmen ein Web-Radio im Portfolio (siehe Seite 14).

3Com steigt damit wieder in den Endgerätemarkt ein, nachdem es diesen soeben mit der Palm-Ausgliederung verlassen hat. Die damit verfolgte Strategie bleibt verschwommen. Denkbar ist, dass 3Com die Vernetzung der Haushalte ankurbeln möchte. In dieses Bild passt beispielsweise die Ankündigung, ein Home-Gateway zu fertigen, das derartigen Web-Appliances den Zugang zum Internet einräumen soll. Vielleicht will 3Com aber auch nur die Palm-Erfolgsstory wiederholen.