370-Leasen - jetzt oder nie ?

13.05.1977

Wenn - wie in jüngster Zeit - die Kaufpreise für Mittelklasse-Systeme und Großrechner "auf breiter Front" heruntergehen, müßten Computer-Leasing-Firmen herrlichen Zeiten entgegengehen. Sollte man meinen. Denn Leasing ist eine Alternative zum Kauf und nicht zur Miete. Indes, Investitionen für die Datenverarbeitung werden nicht mit "normalen" Maßstäben gemessen. Wer sich längerfristig binden will, muß zumindest eine mittelfristige Planung haben, welche Kapazitäten und Leistungen benötigt werden. Wie soll jedoch unter "Unsicherheit" (steht eine neue Technologie vor der Tür?) die Entscheidung für ein System gefällt werden, das morgen möglicherweise veraltet ist? Sollte man trotzdem den IBM-Schlußverkauf nutzen? Große Leasing-Unternehmen bekommen den Trend als erste zu spüren - hier vier "Prognosen":

Franz Pogodda, Vertriebsleiter, Deutsche Leasing AG, Frankfurt

Seit langem steht fest, daß bei entsprechender Nutzungszeit der Einsatz von Großrechnern über ein Leasing-System erhebliche Kostenvorteile gegenüber dar konventionellen Miete oder einem Langzeitmietsystem des Herstellers bringt.

Durch die letzten Preissenkungen der IBM wird dieser Abstand noch deutlicher. Für neu gelieferte Systeme muß und kann von einer Anwendungsdauer von etwa vier bis fünf Jahren ausgegangen werden, um entsprechende Einsparungen zu erzielen. Bei Systemen, die über den Optionspreis gekauft und über Leasing gesetzt werden können sich allerdings erhebliche Kostenreduzierungen bereits bei kürzeren Laufzeiten einstellen.

Ein entscheidender Faktor bei Leasing-Überlegungen der Anwender ist, daß man dazu übergeht, die Anwender ist, daß man dazu übergeht, die EDV-Abteilung verstärkt unter Kostengesichtspunkten zu führen. Die Entscheidungsgremien in den Unternehmen sind nicht mehr bereit, kurzfristig erhebliche zusätzliche Kosten zu übernehmen, weil unter Umständen durch die Ankündigung neuer Systeme die Möglichkeit bestehen könnte, mit neuer Hardware komfortabler zu fahren.

Unter Betrachtung der Kostengesichtspunkte geht man zu längerfristigen Planungszeiträumen mit fest kalkulierbaren Kosten über. Die meisten Leasing-Systeme entsprechen diesem Wunsch der Anwender, weil sich der Mietpreis während der gesamten Vertragsdauer nicht verändert

Daß die IBM-Preissenkung Leasing-Überlegungen speziell im Bereich der Großcomputer auslöst, erklärt sich dadurch, daß eine mögliche Preissenkung bis zu 30 Prozent der Mietkosten durchaus eine Einsparung bedeuten kann, die sich in der Bilanz auswirkt.

Thomas Godehus, Leiter der norddeutschen Operationen der ICC-Alanthus GmbH, Hamburg

Durch die Neuankündigungen der jüngsten Zeit, besonders die vom Marktführer IBM, verstärkt durch die derzeit günstige Zins-Struktur und den Kostendruck bei den Anwendern, ist das Thema Computerleasing so aktuell wie nie zuvor.

Der Computergigant IBM mußte seine Mitbewerber durch drastische Preissenkungen wieder auf den "gehörigen" Abstand bringen. Diese Situation sollte der Anwender möglichst schnell nutzen, denn: Je früher man ein neues Modell least, desto eleganter wird man es später wieder los.

Wir glauben, daß IBM sieh keine Sorgen um den wachsenden Leasing-Markt machen sollte, zumal die so entstehende "Zweite Ebene" die führende Position der IBM weiter verankert.

Die IBM-Announcements der letzten 12 Monate waren genau richtig dosiert, um die Branche erheblich zu verunsichern. Deswegen warten viele Anwender noch mit einer Leasing-Entscheidung.

Wäre es nicht möglich, daß es am IBM-Topf sogar einige "Soll-Leckstellen" gibt, wodurch die allgemeine Gerüchteküche ständig, aber kostenlos und unverbindlich mit heißem Dampf vernebelt wird?

Da ein zögernder Anwender typischerweise Kurzzeitmiete zahlt, hat der Marktführer wiederum den Nutzen, und hat noch einen weiteren Vorteil: Da die Vertriebsleute der Hersteller bekanntlich keine Vorankündigungen machen dürfen, werden sie vorsichtshalber immer erst als letzte orientiert. Damit gehen die Hersteller allen Schwierigkeiten aus dem Wege und können amüsiert zuschauen, wie die Anwender und die anderen Außenstehenden sich per Buschtrommel gegenseitig nervös machen, während die Hersteller selbst schon längst Satelliten benutzen.

René Sefler, Geschäftsführer und Inhaber der ACL - Abacus Computer Leasing GmbH, Frankfurt

Die wesentlichen Merkmale einer Entscheidung für Leasing bestehen darin, nicht mehr jede Markttendenz mitzumachen, sondern ganz klare Entscheidungen zu fällen, welches System mit welcher Kapazität in den nächsten Jahren eingesetzt werden muß unter Berücksichtigung der zu erwartenden Wachstumsrate und der Software-Probleme, die auf das Unternehmen zukommen. Wichtig hierbei ist auch, wie sich die geforderte und erwartete Leistung zum Budget verhält, das für diesen Zeitraum von der Geschäftsleitung vorgegeben wird. Gerade bei Computern der mittleren und großen Systemklassen, die in Unternehmen von 1000 bis 1500 Mitarbeitern eingesetzt werden, zeigt es sich, daß hier zwangsläufig eine Stabilität der Entwicklung neuer Applikationen eingetreten ist. Hier kann und muß eine mittelfristige Systemplanung möglich sein, wenn sorgfältig gehaushaltet werden soll. Der Anwender dieser Systeme wird meist - bedingt durch die Marktpolitik der IBM - zu einer Maschine greifen, die sowieso größer ist als die derzeit tatsächlich benötigte Kapazität. Und hier liegen die ersten Ansatzpunkte für Gespräche über Leasing. Ich glaube nicht, daß die IBM mit der Preisreduzierung einen Schlußverkauf veranstaltet in Hinblick auf eine neue Serie, sondern bin der Meinung, daß sich der Marktführer nicht länger blind stellen kann: Die IBM-Reaktionen betrachte ich als Ergebnis des aggressiven Wettbewerbes der letzten Jahre, vor allem auch seitens der Mixed-Hardware-Anbieter.

Durch den gesunkenen Kaufpreis der IBM-Großrechner werden natürlich jetzt die Leasing-Raten niedriger oder aber - bei gleichhoher Rate - der Leasing-Zeitraum wesentlich verkürzt. Wer sich also heute darüber im klaren ist, welches System für die nächsten drei bis vier Jahre eingesetzt werden soll, wird nun durch den sehr günstigen Kapitalmarkt optimale EDV-Kosten erreichen können.

Erhard Siebel, Geschäftsführer, VL Leasing-Gesellschaft der Volksbanken GmbH, München.

Die Vermietung von IBM-Anlagen durch Leasing-Gesellschaften hat bereits in den letzten vier Jahren einen boomartigen Aufschwung genommen. Die wesentlichen Gründe für das "Leasen" insbesondere auch großer Systeme sind:

- Die Leasing-Miete liegt deutlich unter der IBM-Miete,

- Die Innovationszyklen werden länger, die Zeit der revolutionären Entwicklung ist längst vorbei.

Es fällt dem Anwender daher leichter, sich bei einem gegenüber der IBM-1Miete verbesserten Preis/Leistungsverhältnis für einige Jahre auf ein System (zumeist die CPU) festzulegen.

Die jüngste IBM-Preisreduzierung wird einen neuen Leasing-Schub auslösen, denn bei sinkenden Einstandspreisen für die Leasing-Gesellschaften sinkt die Leasing-Miete und der Abstand zur IBM-Miete vergrößert sich nochmals. Außerdem: Die Preissenkung wird nur unwesentlich auf die Preise für gebrauchte Großsysteme in der Zukunft durchschlagen. Diese zu erwartenden Marktwerte spielen natürlich bei der Konditionengestaltung der Leasing-Gesellschaften eine wesentliche Rolle.

Der Umstand, daß diese Kaufpreissenkung in eine Phase niedrigster Zinsen fällt, verbessert die Chancen der Leaser zusehens.