Vertrieb zunehmend über den Discount-Handel

1500 Jobs weg-Apple rüstet für margenschwaches Low-end

31.05.1991

MÜNCHEN (see) - Die Apple Computer Inc. wird sich bis Mitte 1992 von über 1500 Mitarbeitern, das sind zehn Prozent der Belegschaft, trennen. Die Sparmaßnahmen wurden notwendig, nachdem die Strategie, durch Billig-Macintoshs und Preissenkungen bei höherwertigen Geräten den Marktanteil auf Kosten der Margen zu erhöhen, schneller griff als erwartet.

Bereits vor einer Woche hatten der "San Francisco Chronicle" und das "Wall Street Journal" unter Bezug auf inoffizielle Unternehmensquellen von einer bevorstehenden Kürzung der Gehaltsliste des kalifornischen Herstellers grafisch geführter Personal Computer berichtet. Dem "Journal" zufolge betonten US-Analysten die Notwenigkeit für Apple, die Betriebskosten zu senken, die mit 37 Prozent vom Umsatz zu den höchsten der Branche zählten. Der Kurs der Apple-Aktie ging infolge der Berichterstattung auf Talfahrt , worauf das Management in Cupertino mit einer Mitteilung reagierte.

Zuflucht zur natürlichen Fluktuation

Die Maßnahmen zur Kostenreduzierung, heißt es darin, seien die Konsequenz aus einer Verschiebung der strategischen Ausrichtung von Apple, weg von hohen Bruttomargen (in den vergangenen Jahren immer um 50 Prozent vom Umsatz), hin zu einer Ausweitung des Marktanteiles. Daß bereits jetzt Zuflucht zur "natürlichen Fluktuation" in der Mitarbeiterschaft, aber auch zu Entlassungen genommen werden muß, führt Chairman und Chief Executive Officer John Sculley unter anderem darauf zurück, daß die Verkäufe der margenträchtigen High-end-Macintoshs "entsprechend der gesamtwirtschaftlichen Lage" derzeit langsamer stiegen. Das in diesem Produktbereich erzielte Wachstum reiche nicht aus, die Verlagerung des Absatzes hin zu den niedrigpreisigen Computern auszugleichen und eine weiterhin hohe Roh-Gewinnspanne zu gewährleisten.

Die Kostenreduzierung, die sich durch die Trennung von Mitarbeitern aus allen Bereichen ergebe, will Apple im dritten Geschäftsquartal per 28. Juni 1991 abrechnen. Die Apple Computer GmbH, München, wird, wie auch die Ländergesellschaften in Österreich und der Schweiz, laut Sprecherin Renate Knüfer, nach dem gegenwärtigen Kenntnisstand keine Angestellten heimschicken müssen. Allerdings scheint das Geschäft der GmbH, zumindest gegenwärtig noch, bezüglich des Produktmixes von anderen Trends gekennzeichnet zu sein als die weltweite Mac-Absatzstruktur.

So gehen unternehmensnahe Beobachter davon aus, daß während des laufenden Geschäftsjahres in Deutschland der Absatzanteil von Macintosh-Rechnern der mittleren und höheren Leistungsklasse sogar zugenommen hat, auf Kosten der Lowend-Geräte. Insider schätzen, daß im April dieses Jahres nur noch knapp über 40 Prozent der verkauften Stückzahlen auf die preisgünstigsten Modelle des, Herstellers entfielen, während es im Durchschnitt des laufenden Geschäftsjahres noch gut 45 Prozent gewesen seien. Mittelteure Mac-Rechner dagegen bewegten sich von höchstens 30 Prozent Stückzahlanteil im Geschäftsjahres-Durchschnitt mittlerweile auf die 35-Prozent-Marke zu, und Apples High-end-Produkte hätten im April ebenfalls, wenn auch in geringerem Maße, auf zirka acht Prozent zugelegt.

Die Abweichungen im Produktmix zwischen Konzern und GmbH könnten an der unterschiedlichen Strukturierung der Verkaufskanäle liegen: Während in USA ein zunehmender Anteil der Low-end-Macintoshs über sogenannte "Superstores" abgewickelt wird, die keinen oder nur wenig Service, dafür aber Discount-Preise bieten, geht man in Deutschland einen weniger Discount-orientierten Weg.

Zwar verkaufen auch die autorisierten Apple-Center Billig-Macs ohne Support in speziellen Verkaufsstellen, es gibt jedoch Knüfer zufolge mit der Stuttgarter Schreiber-Kette gegenwärtig erst einen Distributor, der ausschließlich das Niedrigpreis-Segment des Macintosh-Marktes bedient.

In den USA dagegen, berichtet das "Wall Street Journal", gehe der Trend - auch bei anderen Herstellern - zu einer zunehmenden Nutzung des Discount-Kanals, der vom Verkaufspreis einen geringeren Prozentsatz abschöpft als die höher qualifizierten Fachhändler. Beispielsweise bemühe sich momentan der größte Apple-Dealer, die Intelligent Electronics Inc., mit einer Tender-Offerte um die Übernahme einer texanischen Superstore-Kette. Noch nicht von Apple bestätigt wurden Berichte über einen bevorstehenden Vertrag des Herstellers mit der Discount-Kette CompUSA Inc., in deren Verkaufsstellen künftig die Billig-Macs ohne nennenswerten Support angeboten werden sollen. Der New Yorker Börsenzeitung zufolge wurde jedoch eine Reihe von Apple-Händlern bereits über den bevorstehenden Schritt informiert.

Analysten in USA gehen davon aus, daß sich Apples Bestreben, Low-end-Produkte an den PC-Fachhändlern vorbei zu vertreiben, noch verstärken wird. Meint Lise Buyer von Cowen & Co.: "Der Massenmarkt ist ein Vertriebskanal, den zu ignorieren sich Apple nicht länger leisten kann." +