Nichts geht mehr ohne Daten-Management

15.05.2006
Ohne die richtigen Daten am richtigen Ort bekommen Unternehmen ihre Prozessorganisation nicht in den Griff.

Unternehmen erkennen zusehends, dass sich entscheidende Wettbewerbsvorteile aus der Analyse ihrer Geschäftsinformationen ziehen lassen. Entsprechend suchen sie nach Strategien und Techniken, mit denen sich die wertvollen Daten in den Geschäftsprozessen sichtbar und verfügbar machen lassen. Hinzu kommen gesetzliche Auflagen, die ein Mindestmaß an Qualität der Daten und Prozesse im Berichtswesen und der Planung verlangen. Ohne eine systematische Datenbewirtschaftung und -integration ist das nicht möglich.

Der Aufbau einer unternehmensweiten Datenverwaltung zählt deshalb zu den großen Herausforderungen, denen sich IT und Management in den nächsten Jahren stellen müssen. Darüber waren sich die Diskutanten auf der vom Business Application Research Center (Barc) und der computerwoche veranstalteten Fachkonferenz "Data Management Expo" in Frankfurt am Main einig.

Metadaten im Zentrum

Mike Ferguson, prominenter Experte für Business Intelli- gence (BI) und Anwendungsintegration des britischen Beratungshauses Intelligent Business Strategies, erläuterte, wie sich Unternehmen schrittweise einem Enterprise-Daten-Management (EDM) annähern können. Eine wesentliche Rolle werden dabei Metadaten spielen, die nicht nur technische, sondern auch geschäftsrelevante Datenbeschreibungen zentral vorhalten. Diese Informationen müsse der Anwender am Anfang eines EDM identifizieren. Damit verbunden ist die Definition eines gemeinsamen und einheitlichen Business-Vokabulars, ein heikles und hochpolitisches Unterfangen, da jeder Unternehmensbereich seine Daten und Definitionen verteidigt. "Die Folge ist, dass Unternehmen häufig gar nicht wissen, was ihre Daten jeweils bedeuten", sagte Ferguson vor rund 170 Firmenvertretern. Man müsse daher versuchen, mit "Common sense" das Thema voranzubringen.

Die Verwaltung von Meta- und Stammdaten sollte ebenso wie die gesamte Datenbewirtschaftung möglichst unabhängig von Anwendungen erfolgen. "Je mehr Unternehmen sich für Standardsoftware entscheiden, desto schwieriger wird es, Stamm- und Metadaten übergreifend zu verwalten, da solche Systeme sich nicht einfach ändern lassen", warnte Ferguson vor rund 170 Unternehmens- vertretern. Da sich bei der Datenbewirtschaftung immer mehr das Konzept einer Service-orientierten Architektur (SOA) abzeichnet, wäre es der bessere Ansatz, die Datenintegration samt Meta- und Stammdatenverwaltung als eigenen, unternehmensweit verfügbaren Dienst zu implementieren. Dies schließt ein, dass Unternehmen ihre bisherige Technik zur Datenverwaltung konsolidieren und integrieren.

EDM mit Prozessen abgleichen

Wichtig wird es bei der Umsetzung des EDM sein, Probleme mit der Datenqualität möglichst früh und durch integrierte Werkzeuge anzugehen. Datenqualität sollte in einer SOA als Service mit allen Anwendungen verbunden sein, warb Ferguson.

Vom Aufbau einer SOA versprechen sich ihre Befürworter auch ein flexibleres Prozess-Management. Dies kann ein Redesign von Abläufen und existierenden Prozessen nach sich ziehen. Unternehmen sollten dabei - wenn sie die Voraussetzungen eines EDM geschaffen haben - auch ihre Datendienste in SOA-Middleware wie Message Broker oder einen Enterprise Service Bus einbinden und mit den Geschäftsprozessen synchronisieren. Ziel der Integration ist es, die unternehmensweite Metadatenverwaltung komplett über eine EDM-Plattform zu organisieren.

Nischen-Player verschwinden

Führende Hersteller von Datenintegrationswerkzeugen wie Informatica, SAS Institute, IBM, Business Objects, Oracle oder Microsoft erklärten in Frankfurt, auf diesen Trend im Daten-Management bereits reagiert zu haben. Neben der Öffnung ihrer Produkte für neuere Anwendungsgebiete wie Datenmigration und -synchronisation gehe es dabei auch um die Einbindung über Web-Services. Ebenso sind mittlerweile bei vielen Produkten Datenqualitätswerkzeuge an Bord. Diese stammen fast immer aus Übernahmen, die diesen Nischenmarkt in den letzten drei Jahren beinahe verschwinden ließen. Die Integration der Produkte ist aber laut Untersuchungen von Barc bisher nur teilweise geschafft.

Zugleich nimmt mit der Bedeutung von Datenintegrationstechnik der Kampf um Marktanteile an Schärfe zu. Offen ist vor allem, wo die Technik künftig platziert werden soll: als eigenständige Plattform, als Teil der Datenbank oder in der Standardsoftware. Während die Spezialisten in Frankfurt vor allem mit der Offenheit für beliebige Quellsysteme, der technischen Reife und Skalierbarkeit ihrer Produkte warben, konterten die Datenbankanbieter, dass eine Kombination mit der Datenhaltung der bessere und performantere Weg zu einer zentralisierten Datenintegration und Metadatenverwaltung sei.

Hinzu kommt vor allem bei Microsoft das Argument, dass die Dienste für Data Ware- housing und Datenintegration kostenlos mit der Datenbank erhältlich sind. Open-Source-Software spielt hier bisher keine Rolle, da sie trotz Fortschritten nicht an das Leistungsspektrum der kommerziellen Anbieter heranreichen. Unternehmen, so das Fazit, müssen sich darauf einstel- len, künftig sehr genau die An- gebote im Markt zu prüfen und vor allem auch über grundsätzliche Aspekte wie die angestrebte Datenarchitektur nachzu- denken.