Zielvorstellungen für die DV-Forderung

01.10.1976

Jeweils eine dreiviertel Schreibmaschinenseite zum Thema "Was sind die Zielvorstellungen Ihrer Partei bezüglich der Förderung der Datenverarbeitung in den nächsten vier Jahren?" erbat die CW-Redaktion von den forschungspolitischen Sprechern der vier großen Parteien.

Karl-Heinz Kern, MdB SPD Forschungspolitischer Sprecher

Die Förderung der Datenverarbeitung ist eine strukturpolitische Maßnahme. Sie soll dazu helfen, in der Bundesrepublik eine eigene Schlüsselindustrie marktfähig zu machen. In erster Linie müssen Anwendungen und in gleichem Maße noch Entwicklung von DV-Systemen und -Geräten gefördert werden. Maßnahmen im Hochschulbereich und Sonderprogramm müssen die Förderung von Entwicklung und Anwendung ergänzen. Die bestehende Kooperation zwischen den Hochschulen auf dem Gebiet der Grundlagenforschung ist auszubauen und zu verbessern.

Durch gezielte Entwicklungen im Softwarebereich und die Erschließung neuer Anwendungsgebiete muß für die Hersteller in der Bundesrepublik ein Marktpotential geschaffen werden. Datenverarbeitung, Nachrichtentechnik und elektronische Bauelemente stehen im engen technologischen und funktionalen Zusammenhang. Ihre Entwicklung und Förderung müssen deshalb koordiniert ablaufen. Die vordringliche Aufgabe im Bereich der Datenverarbeitung ist es, "Dolmetscher" bei der Einspeicherung von Informationen und bei ihrem Abruf aus Datenbanken überflüssig zu machen. Dies ist eine technologische Voraussetzung für die Ausweitung des Computermarktes.

Zur Überwindung der Marktführerschaft einer Firma sollte eine konkurrenzfähige "Computer-Familie" entwickelt und angeboten werden. Eine Arbeitsgemeinschaft deutscher EDV Hersteller sollte gebildet und deren gemeinsame Forschungs- und Entwicklungs-Projekte von der Bundesregierung bevorzugt gefördert werden.

Staatliche F+E-Förderung im DV-Bereich ist auf maximal fünf Jahre zu begrenzen; die Marktfähigkeit von Produkten der deutschen Computerindustrie muß dann soweit erwiesen sein, daß die Unternehmen ihre F+E-Arbeiten aus eigener Kraft finanzieren können. Die Verfahren zur Verlaufskontrolle im F+E-Bereich sind zu verbessern, um die Übereinstimmung von Zielen und Mittelverwendung sicherzustellen.

Christian Lenzer, MdB CDU Forschungspolitischer Sprecher

Die CDU/CSU wird sich in der nächsten Legislaturperiode vor allem auf die Stärkung der Anwendung der Datenverarbeitung konzentrieren. Es muß auch geprüft werden, in welchem Umfange bestehende Gesetze und Verordnungen dem Einsatz neuer Techniken der Datenverarbeitung entgegenstehen. Durch entsprechende Änderung kann ohne Finanzeinsatz der Einsatz der Datenverarbeitung beschleunigt werden. Dies trifft vor allem auch auf den öffentlichen Bereich zu. Im Rahmen einer zukünftigen Forschungspolitik der Bundesregierung wird eine Konzentration der Schwerpunkte auf diejenigen Bereiche stattfinden, die für gesamte Gesellschaft von größter Bedeutung sind. Hierzu gehört auch die Datenverarbeitung, weil sie eine große Breitenwirkung aufzeigt. Die Verwaltung der öffentlichen Mittel für die Datenverarbeitung muß aber sorgfältig überprüft werden, weil eine ausufernde Forschungsbürokratie eingeschränkt werden muß. Neue Instrumente der Finanzierung der Datenverarbeitung durch die öffentliche Hand, insbesondere aber auch durch den Einsatz vorhandener Institutionen, müssen stärker zur Anwendung kommen. Insgesamt ist es unser Ziel, den Einfluß des Staates so gering wie möglich zu halten.

Professor Dr.-Ing. Karlheinz Laermann F.D.P. Forschungspolitischer Sprecher

Nach eingehenden Beratungen habe ich mich in der nun zu Ende gehenden Legislaturperiode einigermaßen widerwillig davon überzeugen lassen, daß die bisherige staatliche Förderung der deutschen DV-Industrie noch nicht zu einer von diesen staatlichen Zuwendungen unabhängigen Industrietätigkeit geführt hat. Für die FDP streben meine politischen Freunde und ich also leistungsfähige DV-Unternehmen an, die unabhängig von staatlichen Förderungsmitteln sich in unserer sozialen Marktwirtschaft dem Wettbewerb stellen können. Wir sehen eine gute Chance, dieses Ziel zu erreichen, da die Firma Siemens als größter Empfänger staatlicher Hilfen entsprechende Zusagen gemacht hat. Damit würden direkte Einflüsse des Staates auf die Entscheidungen der subventionierten Unternehmen zurückgedrängt. Ein enges Zusammenwirken mit der Wirtschaftspolitik halte ich allerdings für erforderlich, damit die nach den nächsten vier Jahren auslaufende Subvention von Forschung und Entwicklung im DV-Bereich durch neue Konzepte allgemeiner wirtschaftspolitischer Maßnahmen abgestützt wird, durch die einseitige Wettbewerbsverzerrungen gemildert werden. Die Zusammenarbeit der Industrie mit der anwendungsbezogenen Grundlagenforschung an den Hochschulen und Forschungseinrichtungen in der Bundesrepublik Deutschland sollte verstärkt werden. Dies geschieht sicherlich am besten durch eine kontinuierliche Fortsetzung der Förderung von Projekten in ausgewählten Anwendungsgebieten. Die Bundesregierung und die sie tragenden Fraktionen der FDP und SPD sind mit dem 1976 verabschiedeten Dritten DV-Programm in der Lage, die Erfolge der bisherigen Förderung der Datenverarbeitung in den nächsten vier Jahren fortzuführen.

Dr. Albert Probst, MdB CSU Forschungspolitischer Sprecher

Wir stehen in der Datenverarbeitung erst am Anfang der Nutzungsmöglichkeiten. Das Scheitern des Experiments eines deutschen Großrechners darf uns nicht entmutigen. Es wird in den nächsten Jahren entscheidend darauf ankommen, die gewonnenen Erfahrungen umzusetzen. Angestrebt werden muß eine europäische Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Datenverarbeitung.

Eine Unions-Regierung wird die Forschungsförderung engagierter als bisher betreiben. Grundlagenforschung und gezielte Entwicklung sind beide Voraussetzung auch für wirtschaftliches Wachstum. Deshalb soll die Industrieforschung mehr gefördert, aber weniger reglementiert werden. Der Staat soll zwar eine Erfolgskontrolle ausüben, aber nicht in die Forschung hineinregieren. Mehr Geld für Forschung und weniger Bürokratie sind für die Union der Schlüssel zum Erfolg.