Umstellung auf All IP

Warum das Fax im IP-Netz streikt

11.11.2015
Von  und
Jürgen Hill ist Chefreporter Future Technologies bei der COMPUTERWOCHE. Thematisch befasst sich der studierte Diplom-Journalist und Informatiker derzeit mit aktuellen IT-Trendthemen wie KI, Quantencomputing, Digital Twins, IoT, Digitalisierung etc. Zudem verfügt er über einen langjährigen Background im Bereich Communications mit all seinen Facetten (TK, Mobile, LAN, WAN). 


Manfred Bremmer beschäftigt sich mit (fast) allem, was in die Bereiche Mobile Computing und Communications hineinfällt. Bevorzugt nimmt er dabei mobile Lösungen, Betriebssysteme, Apps und Endgeräte unter die Lupe und überprüft sie auf ihre Business-Tauglichkeit. Bremmer interessiert sich für Gadgets aller Art und testet diese auch.
Die Deutsche Telekom und andere Carrier stellen ihre Vermittlungstechnik derzeit auf IP-basierende Datenübermittlung (All IP) um. Dabei häufen sich nicht nur die Kundenbeschwerden beim Wechsel, sondern auch im späteren Betrieb. Ein Problemfall ist das klassische Fax.
Der Einsatz von Faxgeräten in IP-Umgebungen ist nicht ganz einfach. Mit der Abschaltung des klassischen Telefonnetzes kommen auf viele Unternehmen Probleme zu.
Der Einsatz von Faxgeräten in IP-Umgebungen ist nicht ganz einfach. Mit der Abschaltung des klassischen Telefonnetzes kommen auf viele Unternehmen Probleme zu.
Foto: Brother

Warum gerade Unternehmen nach der Umstellung auf Umstellung auf All-IP-Anschlüsse immer wieder mit Problemen bei der Faxkommunikation zu kämpfen haben, erklärt Bernhard Hecker, Director Product Management beim Messaging-Dienstleister Retarus. "Die Datenübertragung in IP-Netzen erfolgt technisch gesehen immer in einzelnen Paketen. Dabei kann es naturgemäß jederzeit zu unvorhersehbaren Paketverlusten kommen", skizziert Hecker den technischen Hintergrund der Probleme.

Größer als bei der Telefonie sei dabei die Fehlergefahr beim Empfang und Versand von Faxen. "Bei der VoIP-Telefonie haben diese Verluste meist nur geringe Auswirkungen. Das menschliche Gehirn gleicht bis zu fünf Prozent dieses Informationsverlustes problemlos aus", veranschaulicht der Manager. Bei der Fax-Übertragung ergibt sich jedoch ein anderes Szenario: Die Fax-Geräte reagieren auf solche Störungen äußert empfindlich.

Die Paketverluste führen mitunter zu massiven Informationsverlusten (unlesbare Faxe) und/oder Verbindungsabbrüchen. Damit wird die geschäftsrelevante Kommunikation, vor allem im Mittelstand, wo das Fax noch häufig zur Auftragsvergabe und -erteilung eingesetzt wird, empfindlich gestört. Letztlich stellen die neuen All-IP-Netze fast alle Unternehmen, die noch Faxe nutzen, vor große Probleme.

Fax over IP - keine Lösung?

In der Theorie gilt das Problem des Faxen in IP-Netzen eigentlich seit langem als gelöst: Speziell für die Fax-Kommunikation in VoIP-Umgebungen wurde das Protokoll T.38 entwickelt - auch Fax over IP (FoIP) genannt. Diese Empfehlung der ITU-T (Internationale Fernmeldeunion) gilt als recht robust, um die verzögerungsfreie Übertragung von Fax-Dokumenten über das Internet sicherzustellen. "Fax-Sendungen werden hier nicht mehr als digitale Sprachsignale übertragen, sondern in einem eigenständigen Protokoll mit eigenem Paketformat und eigenen Regeln", erklärt Hecker den Standard.

Die Sache hat allerdings einen Haken. In vielen Fällen ist T.38 nämlich in der Praxis keine anwendbare Alternative. "Viele große Telefonanbieter unterstützen das Protokoll bei VoIP-Telefonanschlüssen nach wie vor nicht", kritisiert der Retarus-Manager, " deshalb ist das für Unternehmen, die täglich Fax-Nachrichten mit geschäfts- oder zeitkritische Informationen wie Rechnungen, Stornierungen oder Bestellungen versenden, keine brauchbare Lösung."

Fax-Services aus der Cloud

Einen Ausweg aus dieser Situation könnte ein Fax-Service aus der Cloud sein. "Anwender können die Dienste von jedem beliebigen Standort aus nutzen - sei es vom eigenen Arbeitsplatz, über vorhandene Multifunktionsgeräte oder direkt aus Business-Applikationen", ergänzt Hecker nicht ganz uneigennützig, denn sein Unternehmen offeriert selbst entsprechende Services.

Es gibt natürlich auch Alternativen: Um die zugrunde liegende verlässliche Übertragung von Modemsignalen zu garantieren, hat sich etwa auch Fax.de ISDN-Leitungen im Glasfasernetz gesichert. Die Kunden des norddeutschen Unternehmens verwalten den Faxdienst im Internet mit wenigen Klicks und können etwa digitale Dokumente (PDFs, Doc- oder JPG-Files) hochladen, die dann von Fax.de über analoge und ISDN-Leitungen gesendet werden. Optional können Nutzer ihre Faxnummer mitnehmen und Faxe ab (nicht gerade günstige) 4,9 Cent versenden.

Bei der Wahl eines geeigneten Fax-Anbieters empfiehlt Fax.de-Geschäftsführer Bernd Zschaler generell einen Blick ins Kleingedruckte: "Manche Dienste versenden nur Text, während wir das gesamte Layout inklusive Logos und Bilder transportieren. Wenn der Anbieter das Fax bei fehlgeschlagenem Zustellversuch ausdruckt und per Post ausliefert, sieht man sich unter Umständen mit Tempo und Preisen der Deutschen Post konfrontiert und die Vorteile des Faxes sind dahin."