Kunden warteten lieber auf Messeneuheiten

USA: PC-Händler blieben auf der Ware sitzen

16.06.1989

DALLAS (IDG) - Ein ausgesprochen schlapper Monat war der April für Amerikas PC-Fachgeschäfte. Die Comdex-Messe drohte mit Neuheiten, manches gut verkäufliche Modell war vom Hersteller nicht lieferbar, und bei den Billigprodukten gruben Discounter dem Fachhandel das Wasser ab.

Ohne den sich verstärkenden' Boom bei Japan-Rechnern hätten die professionellen Computerläden in den Vereinigten Staaten ganz ohne Trostpflaster durch den April kommen müssen. So aber konnten sich wenigstens diejenigen Händler freuen, die auf die Hersteller Epson, NEC und Toshiba gesetzt hatten. Die PCs dieser Marken gingen nämlich weg wie warme Semmeln: 57 Prozent Zuwachs gegenüber dem Vorjahresmonat stellten die Marktforscher des Storeboard-Instituts bei dem Printer-Profi Epson fest; Konkurrent NEC, inzwischen stärkster Nippon-Lieferant, übertraf den April-Absatz von 1988 sogar um 86 Prozent. Laptop-Spezialist Toshiba zeigte sich erholt - die politische Kampagne gegen den angeblichen "Ostblock-Kollaboranten" aus Tokio gerät in Vergessenheit.

Bei Apple weist die Statistik einen frappanten Einbruch auf. Der Hersteller aus Cupertino hat als einziger der großen Anbieter im April weniger PCs über den Fachhandel verkauft als ein Jahr zuvor. Dennoch war der Mac SE der meistverkaufte Nicht-IBMer unter den Marken-PCs. Allerdings schaffte es kein anderes Apple-Modell unter die Top ten - zu dominant sind IBM und (mit Abstand) Compaq. Der Knick in der Storeboard-Verkaufskurve heißt allerdings nicht, daß Apple insgesamt weniger verkauft hätte: Discount-Läden und der herstellereigene Großkundenvertrieb werden hier nicht mitgezählt.

IBM und Compaq hatten ähnliche Probleme. Bei beiden Produzenten standen für den Mai beziehungsweise die Comdex-Messe Neuvorstellungen an, so daß die Käufer auf die schnelleren Geräte oder auf Ausverkaufspreise für die alten Typen warteten. Zum Teil gab es aber auch Lieferschwierigkeiten - wie bei IBMs Top-Modell PS-2/80 und dem nächstkleineren PS-2/70-25. Compaqs seit dem Jahreswechsel erhältlicher Laptop SLT 286 hat inzwischen die Anlaufphase hinter sich und führt jetzt mengenmäßig diese Produktkategorie an. Zum erstenmal schaffte es das (relativ) leichtgewichtige System in die Top ten; der SLT war damit genauso begehrt wie das größte PS/2. Insgesamt spielen die Laptops freilich nach wie vor nur eine Nebenrolle im Marktgeschehen.

Der von IBM propagierte Mikrokanal ist übrigens immer noch weit davon entfernt, zum neuen Industriestandard zu werden. Nur 17 Prozent der PCs, die im April über die -Theken der amerikanischen Fachhändler gingen, waren mit diesem Feature ausgestattet. Mehr als zwei Drittel der Kunden vertrauten auf die altbewährte Architektur, die inzwischen als ISA" gehandelt wird und in absehbarer Zeit durch die erweiterte Eisa-Norm abgelöst werden soll. Bei den PC-Druckern sind Epson und Hewlett-Packard die mit Abstand erfolgreichsten - Anbieter. Nach Stückzahl gerechnet ist das japanische Unternehmen Marktführer mit einem Anteil von 30,5 Prozent vor HP mit 21,1 Prozent. Da die Kalifornier aber den Markt der Laserdrucker beherrschen, die wesentlich teurer sind als die Nadeldrucker des Konkurrenten, ist Hewlett-Packard nach Umsatz mehr als doppelt so stark wie Epson (36,6 zu 18,1 Prozent). Weit abgeschlagen folgen IBM und Apple sowie die übrigen japanischen Marken.