Fernlehre an Fachhochschulen

Studieren abseits vom Massenbetrieb

31.08.2001
Ein berufsbegleitendes Fernstudium an einer Fachhochschule mag im ersten Moment exotisch klingen, ist aber für derzeit 500 Weiterbildungswillige Alltag. Sie absolvieren vollständige Zweitstudiengänge oder auch nur Teile davon. Von Susanne Schmeißer*

Wirft man einen Blick in die Lebensläufe junger Aufsteiger, findet man eine lange Liste von Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen. Lebenslanges Lernen heißt die Devise, was auch für Personaler ein immer wichtiger werdendes Bewertungskriterium ist. Damit Lernwillige dieses Motto in die Tat umsetzen können, hat die Zentralstelle für Fernstudien an Fachhochschulen (ZFH) mit ihren angeschlossenen Hochschulen in Rheinland-Pfalz, Hessen und Saarland Fernstudiengänge initiiert.

Von Koblenz aus betreuen die fünf Mitarbeiterinnen der ZFH 500 Fernstudierende. Margot Klinkner, verantwortlich für Evaluation, Studienberatung und Öffentlichkeitsarbeit, sieht die ZFH als "Serviceeinrichtung, um das Fernstudium in den Fachhochschulen zu etablieren".

Insbesondere Berufstätige sollen den zunehmenden Anforderungen im Arbeitsleben mit dem Erwerb von zusätzlichen Qualifikationen begegnen. Kein Wunder also, dass der durchschnittliche Student etwa Mitte 30 ist, einen qualifizierten Berufs- oder Studienabschluss sowie Berufserfahrung mitbringt. Bei dem ZFH-Studiengang "Allgemeine Informatik" beispielsweise liegt der Schwerpunkt stets auf dem praktischen Anwendungsbezug. In fünf Semestern lernen die Teilnehmer Computersprachen und Datenbanksysteme sowie das Internet kennen. Von der Mikroprozessortechnik über die Systemanalyse und das Softwaredesign bis hin zur Datensicherheit reicht der umfangreiche Lernstoff, den die Studenten in praktischen Arbeiten vertiefen.

Sozialkompetenz am PC lernen?Falls sich jemand Zusatzwissen zu Rechnernetzen aneignen möchte, kann er auch einzelne Module eines Fernstudiums belegen und mit einem Zertifikat abschließen. Neu im Angebot der FH ist der Fernlehrgang "Sozialkompetenz", der in zwei Semestern die Schlüsselqualifikationen Kommunikations- und Teamfähigkeit, systematisches Denken und Konfliktbewältigung trainiert. Der zeitliche Aufwand für ein Fernstudium erstreckt sich zwischen zehn und 15 Wochenstunden. Studienbriefe bilden die Grundlage für das Selbststudium, das am Ende mit einer Präsenzphase an der Fachhochschule vor Ort und mit einer mündlichen Prüfung endet. In der Regel gewähren die Länder - mit Ausnahme von Hessen aufgrund einer besonderen Gesetzeslage - für diesen Zweck Bildungsurlaub. Eine turbulente Phase im Job bedeutet nicht zwangsläufig den Abbruch der Weiterbildungsmaßnahme: Das Studium ist in einzelne Module unterteilt, die innerhalb von fünf Jahren absolviert werden können, genug Zeit also, um Unvorhergesehenes aufzufangen.

Die bedarfsgerechte Auslegung unterscheidet die Angebote der 13 angeschlossenen Fachhochschulen vom klassischen Angebot einer Fernuniversität und dokumentiert sich in der wesentlich geringeren Quote der Studienabbrecher.

"In der Regel verschickt die ZFH die Studienbriefe per Post an die Studenten und bietet E-Learning nur an, wenn es einen Mehrwert für unsere Studenten bedeutet", sagt Klinkner. Den E-Mail-Service als Kontakt zum Dozenten oder zu Kommilitonen nutzen die Fernstudenten immer häufiger.

Chat-Räume sind wenig genutztWeniger Anklang dagegen finden die angebotenen Chat-Räume. "Zu einer festen Zeit online mit anderen diskutieren und lernen widerspricht dem Konzept des asynchronen Lernens, vor allem, wenn Studierende durch berufliche oder private Verpflichtungen nur wenig Zeit erübrigen können", mutmaßt die Studienberaterin der ZFH. Den Schülern stehen neben den Praktikumsphasen an der FH - in der Regel ein Wochenende pro Monat - die Dozenten an Studientagen für Fragen zur Verfügung.

Trotz wachsender Nachfrage können Erststudiengänge an Fachhochschulen als Fernlehrgänge nicht angeboten werden. Ein grundständiges Studium darf nicht gebührenpflichtig sein, während die Fernstudiengänge sich im Wesentlichen aus den erhobenen Gebühren finanzieren. Die Kosten pro Semester liegen zwischen 1000 und 1600 Mark.

*Susanne Schmeißer ist freie Journalistin in Neustadt/Wied.