Siemens oder die Alibimacher

05.04.2007
Herr Johannes Feldmayer von Siemens hat ein Problem. Er sitzt im Knast. Vornehmer ausgedrückt befindet er sich in Untersuchungshaft. Ärgerlich, so etwas, denn jetzt ist sein Renommee beim Teufel. Sollte er heil aus der Sache rauskommen, haftet ihm für den Rest seiner beruflichen Laufbahn trotzdem das Stigma eines ehemaligen U-Häftlings an.

Herr Feldmayer respektive Siemens hätten solcherlei Rufbeschädigung verhindern können. Im Internet gibt es Dienstleister, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, Menschen ein Alibi zu besorgen für welch abseitige Betätigungen auch immer. Über 80 solche Serviceanbieter agieren allein in Deutschland. Unter www.alibi-profi.de beispielsweise kann sich jeder professionell verleugnen lassen, so dass etwa ein Ehepartner glaubt, was ihm zu Hause so alles vorgelogen wird an Abendterminen, Auslandsreisen oder unaufschiebbaren Meetings.

Abgesehen von diesen Petitessen klassischer spießbürgerlicher Ausbruchsversuche aus dem Lebensalltag bieten diese Alibi-Dienstleister aber einen Service, der nun wirklich spannend ist und den sich beispielsweise Firmen wie Siemens leisten sollten. Sie verpassen nämlich Menschen eine zweite Identität - sozusagen Second Life im ganz real existierenden Leben. Da werden Menschen mit allem ausgestattet, was die doppelte Existenz belegen kann: Visitenkarten, Telefonanschluss, berufliche Termine.

Das hätten Herr Feldmayer und einige andere Siemens-Manager auch gebraucht: ein berufliches Alter Ego, das auf einen anderen Namen - etwa Peter Hartz oder so - hört. Und das dann all die Durchstechereien, Schiebungen, Korruptionsaktivitäten an Stelle des Siemens-Managers in Szene gesetzt hätte. So aber sitzt der 50-Jährige ganz real im Gefängnis und denkt über sein nächstes Leben nach.