Web

Siebel vermietet seine Software über IBM

02.10.2003
Für 70 Dollar pro Monat und Nutzer können Anwender bald CRM-Software von Siebel "on demand" nutzen. Das gebeutelte Softwarehaus hofft, so sein Geschäft mit Rückendeckung von Big Blue neu zu beleben.

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Der auf CRM-Software (Customer Relationship Management) spezialisierte US-Anbieter Siebel Systems versucht sich aufs Neue im Markt für gehostete Anwendungen, diesmal zusammen mit dem Langzeit-Verbündeten IBM. Die Partner kündigen heute das Angebot "Siebel CRM OnDemand" an, bei dem Kunden Siebels Software für 70 Dollar pro Nutzer und Monat über das Netz mieten können. Ab Anfang des nächsten Jahres wird diese Version laut Siebel auch in allen Sprachen und Währungen zur Verfügung stehen.

Siebel ist damit der erste Enterprise-CRM-Anbieter, der mit einem Abonnement-Angebot gegen die zunehmend populären CRM-ASPs (Application Service Provider) wie Salesforce.com oder Upshot antritt. 1999 hatte Siebel mit seiner Venture-Capital-finanzierten Tochter Sales.com bereits einen ersten Vorstoß in diese Richtung unternommen. Sales.com wurde allerdings ein Jahr später wieder in die Mutterfirma eingegliedert und 2001 dann ganz geschlossen.

Siebel CRM OnDemand verwendet eine eigene Architektur und Benutzerschnittstelle.
Siebel CRM OnDemand verwendet eine eigene Architektur und Benutzerschnittstelle.

Siebel CRM OnDemand soll im Laufe des vierten Quartals starten. Anpassungen der Lösung sollen Kunden in-house und ohne Berater erledigen können, eine Installationspauschale wird nicht erhoben. Es bleibe mithin als Kosten einzig bei den 70 Dollar pro Seat monatlich, verspricht Senior Vice President of Products Richard Gorman. Siebel und IBM werden die neue Offerte gemeinsam über ihre Vertriebsmannschaften vermarkten und mit einer 15-Millionen-Dollar-Werbekampagne anschieben.

Zielgruppe sind hauptsächlich kleine und mittlere Unternehmen, Siebel hofft aber auch größere Anwender gewinnen zu können. Laut Gorman haben zehn potenzielle Käufer die OnDemand-Lösung derzeit im Beta-Test. Der Siebel-Manager schätzt, dass durchschnittliche Installationen zwischen 20 und 35 Arbeitsplätze umfassen werden. Das Modell sieht aber beim Lizenzerwerb keinerlei Unter- oder Obergrenzen vor. CRM OnDemand verwendet eine eigene Architektur und Benutzerschnittstelle, integriert sich aber mit Siebels herkömmlichen Anwendungen und ist upgradefähig.

Vor dem Wettbewerb mit den reinen ASPs fürchtet sich Siebel laut Gorman nicht. "Es gibt in diesem Bereich eine Reihe kleinerer Start-ups, aber zu 99,99 Prozent ist das unerschlossenes Gebiet", so der Siebel-Mann. "Bislang gab es keine guten, verlässlichen Lösungen von etablierten Anbietern. Wir glauben, dass dieser Markt mit unserem Einstieg expandiert."

Marc Benioff, Chef von Salesforce.com, hält das eher für Zweckoptimismus. "Siebels Geschäft ist in den letzten drei Jahren ziemlich zum Teufel gegangen", sagte der CEO (Chief Executive Officer), genau wie Thomas Siebel ein früherer Oracle-Mann. "Sie hatten einen unkontrollierten, steilen Umsatzrückgang, vor allem weil ihr Produkt zu komplex, zu schwer zu benutzen und zu teuer ist. Tom Siebel hat in den letzten drei Jahren allerlei harte Worte über unser Geschäft gesagt. Nun bestätigt Siebel im Prinzip das, was wir seit vier Jahren predigen: Das Ende der Software ist da, die Zukunft gehört dem On-Demand-Computing."

Software sei zwar nicht tot, befindet dazu Denis Pombriant, CRM Research Director bei der Aberdeen Group, aber Kunden verlangten nach flexibleren und kostengünstigeren Deployment-Optionen. Diesen Wechsel müssten Siebel und seine Wettbewerber adressieren. "Wir werden nicht erleben, dass der Markt komplett auf gehostete Anwendungen umsteigt. Es gibt gute Gründe dafür, dass Unternehmen weiterhin Lizenzen kaufen und Anwendungen in-house betreiben", erklärte der Analyst. "Siebel versteht das und bietet für beide Lager brauchbare Lösungen mit inhärenter Integration."

Seine Kollegin Liz Roche von der Meta Group ergänzt, dass die Partnerschaft mit IBM, dem man Sicherheit und Service der Enterprise-Klasse zutraue, Siebel dabei helfen werde, Kunden zu gewinnen, die bislang von anderen Hosted-CRM-Anbietern die Finger gelassen hätten. "Was die anderen ASPs nicht bieten ist ein Wachstumspfad zu einem robusten Enterprise-Produkt. Siebels Angebot wird viele Bedürfnisse am Markt erfüllen - es bietet einen guten Startpunkt für kleine Firmen, aber auch für Abteilungen größerer Unternehmen, die schnell mit Siebel loslegen müssen." Zwar biete CRM OnDemand nicht alle Feinheiten der Enterprise-Version von Siebel, aber die neue Software mache einen "sehr soliden Eindruck".

Amy Wohl von Wohl Associates geht davon aus, dass Siebels Partnerschaft mit IBM nicht nur die CRM-ASPs, sondern auch traditionelle Konkurrenten wie SAP, Oracle oder Peoplesoft unter Druck setzt. Alle führenden CRM- und ERP-Anbieter (Enterprise Resource Planning) arbeiteten an gehosteten Varianten ihrer Software, bislang habe aber keiner von ihnen den Schritt gewagt, die Preisgrenze zu durchbrechen und ein günstiges Subskriptionsmodell anzubieten. "Das Preismodell ist sehr aggressiv und sollte Kunden entzücken. Es wird den Wettbewerb im Markt sicher ankurbeln." (tc)