Rückkehr zum Normalmaß auch für VCs

19.04.2001

Die Gründereuphorie der vergangenen Jahre hat einen kräftigen Dämpfer erhalten. Etliche Internet-Startups sind Pleite gegangen oder kämpfen ums Überleben. Vor lauter Begeisterung über die spannenden Zeiten wurden immer wieder selbst einfachste betriebswirtschaftliche Grundregeln außer Acht gelassen. Außerdem fand sich in den Gründerteams nur selten ein Finanzexperte - und mit dem Anheuern eines Profis wollte man sich nicht aufhalten. "Darüber hinaus haben gerade die Youngsters nicht begriffen, dass Venture Capital lediglich eine Eigenkapitalhilfe, keineswegs eine Liquiditätshilfe ist", sagt ein Insider. Die VCs ihrerseits fürchten heute um ihre Investments und halten ihr Geld erst einmal beisammen. Internet-Startups müssen derzeit um jede Mark betteln.

Für Werner Dreesbach vom Risikokapitalgeber Atlas Venture ist diese Entwicklung keine Überraschung: "Wann immer Märkte sehr schnell wachsen, kommt es zur Konsolidierung." Dies betreffe nicht nur die neu gegründeten Unternehmen, von denen noch jede Menge von der Bildfläche verschwinden werden. Auch den Venture Capitalists steht laut Dreesbach "ein dramatischer Bereinigungsprozess" bevor. "Vor vier oder fünf Jahren gab es in Deutschland zirka 20 VCs, heute sind es 270. Davon werden 30 Prozent nicht überleben", betreibt der Insider eine kritische Nabelschau. Wie die Startups haben auch die VCs Fehler gemacht. "Der größte war, dass viele in Märkte statt in Firmen investiert haben. So bekamen auch Startups Geld, bei denen weder Business-Plan noch Management ausgereift waren und deren Marktsegment schon von zehn Konkurrenten besetzt war." Jetzt gehe man wieder eindeutig in Richtung Firmenfinanzierung.

Insgesamt ist seiner Ansicht nach die Stimmung aber schlechter, als sie sein müsste. "Die Gründerkultur in Deutschland existiert gerade mal zwei bis drei Jahre. In den USA hat man 30 bis 40 Jahre Erfahrung. Man kann nicht erwarten, dass wir diesen Rückstand in so kurzer Zeit aufholen." Deutschland sei auf einem guten Weg. "Wir haben festgestellt, dass es hierzulande möglich ist, Hunderte von Startups substanziell zu finanzieren und dass sich die Besten auch durchsetzen. Das war enorm wichtig." Die Delle, welche die deutsche Gründerkultur derzeit erlebe, werde nicht von Dauer sein - davon ist er überzeugt.