Kein Interesse an United-Linux-Initiative

Red Hat will mehr Linux-Standards

09.08.2002
MÜNCHEN (ls) - Red Hat hat kein Interesse, der United-Linux-Gruppe beizutreten. Stattdessen propagiert der Distributor die forcierte Standardisierung des quelloffenen Betriebssystems.

Er habe "keine Ahnung", was United Linux bezwecken solle, erklärt Dieter Hoffmann, Red-Hat-Chef in Zentral- und Osteuropa. Suse, Caldera, Conectiva und Turbolinux, die Initiatoren des Einheits-Linux, wollten wohl ihre Marktposition durch ein globales Service- und Supportangebot verbessern. Das ist für Red Hat nicht attraktiv; das Unternehmen nimmt für sich in Anspruch, die einzige Distribution mit globaler Präsenz zu sein. Die Folge ist die Absage von Hoffmann an United Linux: "Wir haben zum jetzigen Zeitpunkt weder Motivation noch Interesse, da mitzumachen."

Die technischen Ziele von United Linux (siehe CW 29/02, Seite 38) lassen nach Ansicht von Red Hat ohnehin nichts Neues erkennen. Der US-amerikanische Distributor sieht sich als Champion, der die Trends setzt. Hoffmann: "Wir bieten denen unseren Advanced Server an." In diesem Red-Hat-Linux stecke schon alles, was die vereinte Konkurrenz erst noch zu erreichen versuche. Das Angebot ist eine Bedingung für Einigungsgespräche - und wohl nicht die einzige.

Wiederholt betont Hoffmann, sein Unternehmen fühle sich pragmatischer "dem Open-Source-Gedanken verpflichtet" als die Vertreter anderer Distributionen. Die Attacke richtet sich vor allem gegen den Wettbewerber Suse. Dessen Installations-Tool "Yast", eine Suse-eigene Entwicklung, soll Bestandteil von United Linux werden. Für Red Hat ist das ein Unding, wie Hoffmann erkennen lässt: "Wir werden offene Standards unterstützen."

Hoffmann konzediert, dass Anwender und Softwarehäuser mit dem Nebeneinander zahlloser Linux-Varianten unzufrieden sind und eine Standardisierung von Linux wollen. Red Hat begegnet dieser Forderung - der das über gemeinsame Schnittstellen hinausgehende Einheits-Linux der Konkurrenz entgegenkommt - mit dem Ruf nach einer forcierten Entwicklung der Norm "Linux Standard Base" (LSB) in der Open Group. Hoffmann: "Für uns ist LSB das Maß der Dinge." Sprich: Standards statt United-Linux-Gleichheit.

Das Standardisierungsgremium Open Group ist nach Ansicht von Red Hat in puncto praktische Normen noch weit von seinen Zielen entfernt. Hoffmann verspricht: "Wir werden weiter an LSB mitarbeiten." Sein Unternehmen werde mehr personelle Kapazitäten für die Entwicklung des Linux-Standards zur Verfügung stellen. Der Manager erhebt die Übereinstimmung mit Standards zu einem Hauptargument für das eigene Betriebssystem: "Red Hat ist die LSB-konformste Distribution am Markt."

Offen bleibt die Frage, wie weit Standardisierung gehen soll. Hoffmanns Grundposition: "Standardisierung soll nicht kleinster gemeinsamer Nenner bedeuten." Aber weil "unterschiedliche Einsatzgebiete und Anwendungen beständig neue Lösungen erfordern", entstehen, so Hoffmann, "weiche Standards", worunter Industriestandards zu verstehen sind. "Red Hat setzt Standards" - beispielsweise mit dem "Packet Manager RPM". Den Wettbewerbern dürfte der in solchen Äußerungen zutage tretende Führungsanspruch kaum gefallen.