Unstrukturierte Daten sperren sich gegen Compliance-Richtlinien

Rechtskonforme Speicherung

14.05.2007
Die Menge der unstrukturierter Daten auf den Speichersystemen der Unternehmen nimmt ständig zu. Es wird für sie immer schwieriger, die gesetzlichen und rechtlichen Anforderungen im Hinblick auf Datensicherheit- und -speicherung zu erfüllen. Eine Studie der Experton Group zeigt: Die Speicherung der Daten in Abhängigkeit von ihrem Informationswert – und damit auch ihrer rechtlichen Relevanz - ist zwar noch wenig verbreitet, nimmt aber merklich zu. Allerdings stützen sich bisher noch weniger als der Hälfte der Unternehmen auf eine umfassende Compliance-Strategie.

Nach eigenen Angaben legen dennoch rund 70 Prozent der Unternehmen ihre Storage-Richtlinien auf Basis gesetzlicher Regelungen fest. Und trotz sinkender Preise für Speichermedien steigen die Ausgaben der Unternehmen für Storage. „Wir verzeichnen bei den Unternehmen eine zunehmende Sensibilität im Umgang mit Datenspeicherung und Datensicherheit, hauptsächlich getrieben von gesetzlichen Regelungen und Compliance-Anforderungen. Dabei zeigt sich auch, dass viele Anwender sich mit Compliance und Encryption überfordert fühlen. Nach unserer Einschätzung werden diese Themen zukünftig zu wichtigen Feldern für externe Dienstleister“, sagt Andreas Zilch, Lead Advisor und Vorstand der Experton Group.

Im Auftrag von Fujitsu Siemens Computers hat die Experton Group eine Studie mit dem Titel „Umgang mit unstrukturierten Daten“ verfasst. Im September 2006 haben die Experton Analysten 245 mittelständische und große Unternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz befragt und durch zusätzliche Expertengespräche mit ausgewählten Anwendern vertieft. Ziel der Studie war die Analyse, wie Anwender heute und zukünftig mit der wachsenden Flut unstrukturierter Daten umgehen.

Danach rechnen alle Befragten mit einer gewaltigen Zunahme des Speichervolumens. Von 2006 bis 2008 wird die Datenmenge nach Schätzung der Unternehmen um etwa 65 Prozent ansteigen. Heute machen die unstrukturierten Daten fast die Hälfte des Speichervolumens aus – mit steigender Tendenz. Bei einzelnen Anwendern sind es schon jetzt über 70 Prozent. Aber gerade die unstrukturierten Daten sind oft von besonderer rechtlicher Relevanz: Vereinbarungen mit Kunden und Partnern werden per E-Mail getroffen, Geschäftsberichte und Verträge sind in Textverarbeitungs- oder PDF-Dateien gespeichert, Listen und Aufstellungen sind in Tabellenblättern erfasst und Absprachen über technische Details liegen in Präsentationen oder digitalen Zeichnungen vor.

Dabei zeigt sich, dass die Befragten ihre unstrukturierten Daten in vergleichsweise einfach zu realisierende Sicherungsverfahren wie Backup/Recovery (98 Prozent), Datenspiegelung und Replikation (68 Prozent) bereits integriert haben. Die Sicherung besonders klassifizierter Daten in Archivsystemen (51 Prozent) oder Daten-Verschlüsselung (31 Prozent) sind aber noch nicht die Regel. „Aus Sicht der Anwender sind Backup/Recovery auch für unstrukturierte Daten schon voll im Einsatz. Für die Bereiche Archivierung (nach Klassifizierung) und Encryption rechnen wir mit sehr starkem Wachstum“, sagt Zilch. (Siehe Diagramm)

Besonders auffälliges Ergebnis der Studie: Während sich die Unternehmen bei vielen Disziplinen wie „Verbesserung der Datensicherheit/ des Datenschutzes“, „Kostenreduktion beim Betrieb und der Administration“ oder „Zentralisierung und Kostenreduktion bei Backup und Recovery“ selbst gute Noten ausstellen, beurteilen sie ihren eigenen Erfolg bei der „Einbindung des Managements und Klassifizierung von unstrukturierten Daten in bestehende Speicher-Konzepte“ deutlich schlechter.

Foto: Experton

So verwundert es nicht, dass die Anwender hier den größten Nachholbedarf sehen. Während viele Sicherheitslösungen wie Virenschutz (99 Prozent), Firewalls (98 Prozent) oder VPNs (Virtual Privat Networks, 90 Prozent), Content Security/Filterung für Web und E-Mail (79 Prozent) fast flächendeckend installiert und keine oder nur geringe Erweiterungen geplant sind, wollen die Unternehmen erheblich in die Verschlüsselung/Encryption von E-Mail und Festplatten und die Datenverschlüsselung in Speicherumgebungen investieren.
So wird der Anteil der Unternehmen, die E-Mail- und Festplattenverschlüsselung einsetzen von jetzt 45 Prozent auf zukünftig 73 Prozent ansteigen, die Datenverschlüsselung in Speicherumgebungen wollen zukünftig 51 Prozent der Unternehmen in Angriff nehmen – bisher sind es nur 27 Prozent. (siehe Diagramm).

Foto: Experton

Dass die Anwender sich bei diesen Themen eher zögerlich verhalten, ist wohl nicht auf mangelnde Einsicht oder fehlende Investitionsbereitschaft zurückzuführen. Vielmehr scheint die Unsicherheit, wie die komplexe Problematik anzugehen ist, die IT-Leiter bisher von der Installation geeigneter Lösungen abzuhalten. Denn auf die Frage „In welchen Bereichen würden Sie externe Dienstleistungen für Management/Speicherung von unstrukturierten Daten in Anspruch nehmen?“ lagen die Themen Compliance, Encryption und die Einbindung unstrukturierter Daten in eine ILM-Strategie auf den vordersten Plätzen. „Dass die Unternehmen gerade in diesen Bereichen externe Dienstleister zu Rate ziehen wollen, belegt, ebenso wie andere Ergebnisse der Studie, dass sie mit der Komplexität der Thematik eindeutig überfordert sind“, kommentiert Hendrik Leitner, Senior Manager Marketing/Business Development Solution & Service bei Fujitsu Siemens Computers.

Die technische Seite wie Verfügbarkeit und Konsolidierung der Speichersysteme, Backup- und Recovery, die Unabhängigkeit von Betriebssystem- und Server-Systemen oder das plattformübergreifende Speichermanagement ist bei den meisten Unternehmen inzwischen zufriedenstellend geregelt. Das Management sowie die Klassifizierung und Integration unstrukturierter Daten in bestehende Speicher-Konzepte - unabdingbare Voraussetzung für die rechtssichere Speicherung - liegt aber oft noch im Argen. „Technisch haben die Unternehmen ihre Storage-Systeme im Griff, aber im Bereich Sicherheit und Compliance gibt es noch erhebliche Defizite“, sagt Fujitsu Siemens Experte Leitner. Und auch Experton-Vorstand Zilch bilanziert: „Die Klassifizierung unstrukturierter Daten steht noch am Anfang; die Unternehmen verzeichnen in diesem Bereich bisher nur geringe Erfolge.“