Moore's Law

Preise für IT-Dienstleistungen im freien Fall

15.07.2008
Von pte pte
Der Preisverfall in der IT-Branche geht auch an den IT-Dienstleistern nicht spurlos vorüber. Jochen K. Michels erklärt, warum.

Im Schnitt purzeln die Preise für IT-Services zwischen zehn und 30 Prozent jährlich, wie der IT-Unternehmensberater Jochen K. Michels im Interview mit pressetext berichtet. Michels, der unter anderem die Bücher "IT-Finanzmanagement" und "IT-Benchmarking" verfasst hat, erläutert, wie die Preise für IT-Dienstleistungen gebildet werden und welche Veränderungen die Branche in den vergangenen Jahren durchgemacht hat.

pressetext: Wie werden die Kosten der IT-Dienstleistung berechnet?
Michels: Die großen Betreiber rechnen hauptsächlich nach MIPS-Stunden ab. Unter MIPS versteht man die Stärke eines Prozessors, der x Millionen Instruktionen pro Sekunde schnell ist. Diese Kapazitätsangabe wird dann mit der genutzten Zeit hochgerechnet. Damit sich das System wirtschaftlich trägt, kommen zur reinen Computing Power natürlich noch andere Kostenfaktoren hinzu, für die man oft keine geeignete Berechnungsbasis hat - beispielsweise Kosten für Datenreorganisationen oder Operator-Stunden. Die Leistungseinheit MIPS-Zeit ist hier eine Schlüsselgröße, denn diese kann man messen und darauf weniger genau definierte Kostenfaktoren aufschlagen.

pressetext: Wie können Kunden da den Überblick behalten?
Michels: Bei Endkunden werden oft Pauschalpreise angegeben, beispielsweise für Datenbankabfragen. Hiermit kommt der Anbieter dem Kunden entgegen, indem er auf die für Laien unverständliche Berechnungsbasis verzichtet. Denn der Kunde hat meist keine Vorstellung, was er mit einer Suchanfrage auslöst. Einerseits ist es die Arbeit, die das System verrichtet, andererseits müssen die gewünschten Informationen auch verfügbar sein. Dazu braucht man Gebäude, Energie, Rechner, Plattenspeicher, Software und Menschen, die den Betrieb aufrecht erhalten.

pressetext: Wie haben die Multicore-CPUs und virtuellen Maschinen die Branche in der letzten Zeit verändert?
Michels: Multicore-Prozessoren sind nicht neu, es gab sie bereits früher unter anderem Namen. Virtuelle Maschinen gibt es ebenfalls schon seit 30 Jahren. Da die Rechner teuer waren, wollte man sie hoch auslasten und viele Benutzer anhängen. Diese hatten jedoch unterschiedlichen Bedarf, also musste man unterschiedliche Anwendungen laufen lassen. In der Verrechnung ist der Unterschied zu heute, dass früher minutiös gemessen und aufgeschrieben wurde, wie viele Leitungseinheiten auf den einzelnen Benutzer oder die einzelne virtuelle Maschine entfallen sind. Den aktuellen Systemen fehlt jedoch eine derartige Software, um den exakten Verbrauch zu messen. Da diese auch das Gesamtsystem belastet, würde das die Leistung der schwächeren Prozessoren übersteigen. Allerdings bin ich zuversichtlich, dass sich in diesem Bereich mit den neuen Prozessoren wie dem Itanium oder PowerPC wieder etwas tut.

pressetext: Ist die Berechnung nach CPU-Minute noch zeitgemäß?
Michels: Die Berechnung von IT-Dienstleistungen nach CPU-Minuten ist eine ungenaue Methode, da sie die tatsächliche Rechenleistung nicht berücksichtigt. Denn "CPU" (Central Processing Unit) ist kein fester Begriff. Es gibt schnelle und langsame, starke und schwache CPUs. Das ist vergleichbar mit den PS beim Automotor - während einer nur 50 PS an die Achse bringt, schafft der andere 100 PS. Daher muss eine Leistungskennzahl angewendet werden, die definiert, was ein Prozessor zu leisten vermag, wie viele Instruktionen er in einer Zeiteinheit abarbeiten kann. Das ist zum Beispiel der MIPS-Begriff, der sich für die zeitliche Abrechnung deutlich besser eignet. Rechnet man mit der unscharfen CPU-Minute, so müsste man eigentlich für jeden Prozessor einen eigenen Preis angeben.

pressetext: Wie hat sich der Preis in den vergangenen Jahren entwickelt?
Michels: Er ist jährlich zehn bis 30 Prozent gesunken. Das Moore'sche Gesetz schlägt auch hier voll durch. Zwar wird es etwas abgefedert, da die Unternehmen natürlich Geld verdienen wollen. Im Schnitt kommt das jedoch hin.

pressetext: Kann es sein, dass Preise für einige Jahre stabil bleiben, wenn man beispielsweise die verbesserte Technik berücksichtigt?
Michels: Nein, das passiert nur, wenn sich beide Vertragsparteien nicht die Mühe machen, über den Preis nachzudenken. Natürlich kommt es vor, dass Unternehmen mit ihrem Dienstleister nicht zufrieden sind. Das passiert meist, wenn Verträge geschlossen wurden, die keine jährliche Preisanpassungsklausel, Benchmarks oder Marktpreisvergleiche beinhalten. Dann kann es sein, dass der Kunde für drei oder vier Jahre dieselbe Leistung zum gleichen Preis bekommt. Für den Dienstleister ist das gut, denn inzwischen kann er denselben Service mit der Hälfte seiner Ressourcen erbringen. Beim Kunden führt das natürlich zu Verärgerung, sobald er das erfährt. (pte)