Notes 8 verschmilzt mit Lotus Workplace

22.06.2005
Von Michael Wagner
Auf der Konferenz der Deutschen Notes User Group (DNUG) Mitte Juni in Hannover gab die IBM einen Ausblick auf die übernächste Notes-Version. Sie soll in das Java-Framework von Workplace eingebettet werden.

Bereits mit dem bevorstehenden Lotus Notes 7 will IBM die Funktionen des Groupware-Clients als Plugin in das Workplace-Frontend einbetten. Dieser erste Schritt stellt eine noch grobe Integration von Notes und Workplace dar und setzt die gesamte Workplace-Infrastruktur voraus. Dazu zählt auch der auf dem Open-Source-Framework "Eclipse" basierende Workplace-Client.

Inzwischen ist nach Worten von Mike Rhodin, Entwicklungschef für Lotus, die Komponentisierung der Notes- und Workplace-Technik so weit fortgeschritten, das eine enge Verbindung beider Welten im übernächsten Release (Codename "Hannover") möglich wird. Bestehende Notes-Installationen werden dann Client-seitig um die notwendige Workplace-Funktionalität ergänzt, bedürfen aber auf dem Server keiner Workplace-Infrastruktur mehr. Deren Aufgaben, insbesondere das Provisioning von Anwendungskomponenten, übernimmt in dieser Version der Domino-Server.

Ambuj Goyal, Chef der Lotus-Abteilung, charakterisierte die Hannover-Ausführung von Notes als "Client-seitiges Portal". Damit spielt er auf die Integrationsfähigkeiten der Workplace-Technologie an, die Informationen aus unterschiedlichsten Quellen, einschließlich solcher aus Legacy-Anwendungen, zu einer aufgabenorientierten Oberfläche zusammenfassen kann.

Die Bausteine dieses zukünftigen Notes sollen außerdem in der Lage sein, die Infrastrukturdienste von Domino und Workplace, also etwa E-Mail, Kalender und Instant-Messaging, wechselseitig zu nutzen. So lassen sich Installationen von Sametime und Quickplace, die aus der Domino-Familie stammen, auch von Workplace-Komponenten verwenden. Alternativ können die Notes-Bausteine auch auf das SIP-basierende "Workplace Instant Messaging" zugreifen.

Komponenten beider Welten können somit miteinander kombiniert werden. Die vom Anwender zusammengestellten Kombinationen von Notes- und Workplace-Modulen lassen sich dann als Schablonen speichern, aus denen sich bei Bedarf weitere Anwendungen ableiten lassen. Das versetzt auch Benutzer ohne Programmierkenntnisse in die Lage, einfache Applikationen zu entwickeln.

IBM harmonisiert damit die bestehende Notes-Anwendungsentwicklung mit dem Template-basierenden Modell von Workplace, in dem zukünftig Notes-Programme als Komponenten eingesetzt werden können. Eine bereits existierende Notes-Applikation lässt sich auch in Zukunft eigenständig nutzen, indem sie als alleinige Komponente eines Templates konfiguriert wird. Die wahre Stärke des Hannover-Release besteht aber in der Möglichkeit, beide Welten miteinander zu verbinden.

Workplace Designer

Die Erstellung von Workplace-Komponenten, die auf J2EE beruhen, soll mit dem "Workplace Designer" wesentlich vereinfacht werden. Das ebenfalls auf der DNUG-Konferenz vorgestellte Werkzeug überträgt das in der Notes-Anwenderschaft bekannte Konzept des "Domino Designer" auf J2EE. Ausgehend von einem HTML-Formular und einem Datenbankschema lässt sich die Funktionalität von Workplace-Komponenten mittels Javascript definieren. Dabei wurden die meisten Lotusscript-Funktionen in Javascript nachgebildet. Es ist sogar möglich, im Workplace Designer den größten Teil der Formalsprache von Notes zu verwenden, die das Werkzeug in entsprechende Javascript-Aufrufe übersetzt. Die Javascripts können sowohl auf dem Client als auch auf dem Server ablaufen. Lediglich für die zeitgesteuerten Agenten von Notes und einige Spezifika der Benutzeroberfläche finden sich im Workplace Designer keine Entsprechungen. Als Output erzeugt das Entwicklungswerkzeug Komponenten für das Workplace Portal, also Portlets, Parameterdefinitionen und die nötigen Deployment Descriptors.

Mit dem Workplace Designer können Notes-Entwickler ohne großen Lernaufwand Anwendungen für Workplace schreiben. Eine Migration bestehender Notes-Anwendungen wird allerdings nur in sehr begrenztem Maße unterstützt. Der Workplace Designer kann einfache Notes-Formulare importieren und auf das Schema von Notes-Datenbanken zurückgreifen. Für eine automatische Übersetzung sind die Unterschiede zwischen den komplexen Notes-Formularen und den beschränkten Möglichkeiten von Web-Frontends einfach zu groß.

Fazit

Aus technischer Sicht gleicht der Hannover-Client mehr einer Weiterentwicklung des bevorstehenden Notes-Plugin für Workplace als einer Erweiterung des Notes-Clients. Grundlage für die Nutzung der komponentenbasierenden Templates wird das in Java geschriebene Eclipse-Framework, auf dem der Workplace-Client basiert. Das bisherige Notes wird also in seine Einzelteile zerlegt und auf neuer technologischer Grundlage wieder zusammengesetzt. Damit entsteht ein hybrider Client, der alte und neue Technologie miteinander zu verbinden versucht. Den Anwendern kann das nur recht sein, solange die bestehende Funktionalität weiterhin uneingeschränkt angeboten wird.

Durch die Kombination beider Technologien ist allerdings zu erwarten, dass die Hardwareanforderungen an den PC erheblich steigen werden. Die Komponententechnologie eröffnet aber auch die Chance, die Desktop-Installationen auf den tatsächlich benötigten Funktionsumfang einzuschränken und so manchen Ballast des heutigen monolithischen Clients abzuwerfen. (ws)