DIN forciert sein Engagement im CAD-Bereich:

Normteiledatei liegt jetzt im Grobkonzept vor

26.09.1986

BERLIN (kul) - Zur wirtschaftlichen Nutzung rechnergestützter Konstruktionssysteme sind Normteiledateien unerläßlich. Da in der Praxis eine Vielzahl von CAD-Produkten zum Einsatz kommt, erhebt sich die Forderung nach einer systemneutralen Basis. So das Fazit der Tagung "CAD-Normteiledatei und CAD-Software", die das Deutsche Institut für Normung e.V. (DIN) jetzt in Berlin veranstaltete.

Mit dem Projekt einer entsprechenden DIN-Datei beschäftigt sich derzeit der Arbeitsausschuß 4 "CAD-Normteiledatei" des Normenausschusses "Sachmerkmale" (NSM). Es ist beabsichtigt, zunächst die geometrischen Merkmale von CAD-relevanten Normteilen auf maschinenlesbaren Datenträgern anzubieten. Bis Ende dieses Jahres rechnen die Verantwortlichen mit der Verfügbarkeit von etwa 180 solchen Normen, bis Mitte 1987 dürfte sich diese Zahl auf 210 erhöhen. In weiteren Arbeitsschritten sollen künftig auch Merkmale wie Werkstoff und Oberfläche behandelt werden.

Derzeit liegen folgende Ergebnisse vor:

- eine Arbeitsanweisung zur Erstellung der Vornormen;

- eine Empfehlung an die DIN-Geschäftsleitung zur Vermarktung der CAD-Normteiledatei;

- diverse Manuskripte für Schrauben, Stifte, Nieten, Splinte, Bolzen, Formenelemente, Halbzeuge und grafische Symbole.

Parallel arbeiten in Abstimmung mit dem NSM4 der Normenausschuß Maschinenbau (NAM 96.4) sowie der Verband der deutschen Automobilindustrie (VDA) an einer Beschreibungsvorschrift für die benötigten Normteil-Unterprogramme. Diese sollen zusammen mit den Merkmaldateien vom DIN verifiziert werden und danach per Magnetband als Standardsoftware "CAD-Normteile" für die Anbieter zum Einbau in deren spezifische Systemarchitektur verfügbar sein. Projektziel des DIN ist es, daß die Anwender eine Normdatei nur einmal kaufen und warten lassen müssen, gleichgültig, wie viele CAD-Produkte verschiedenen Typs für die einzelnen Konstruktionszwecke sie einsetzen.

Entscheidende Bedeutung mißt das Deutsche Institut für Normung dem urheberrechtlichen Aspekt seiner Aktivitäten bei: Nach den Grundsätzen der Normungsarbeit, die in DIN 820, Teil 1, Abschnitt 7, niedergelegt sind, stehen die Nutzung und Verwertung der DIN-Normen ausschließlich dem Normungsinstitut selbst zu. Das Komitee ist jedoch berechtigt, in bestimmten Fällen, beispielsweise zur Gestaltung von Werbeschriften oder für Abhandlungen in Fachzeitschriften und -büchern, eine Vervielfältigung zu gestatten. Ähnliches gilt für Unterrichts- und Dokumentationszwecke sowie für die Übersetzung in Fremdsprachen, sofern der Text in einem dieser Einsatzbereiche verwendet werden soll.

Die vom DIN für diese Zwecke erteilte Erlaubnis zur Übernahme von DIN-Normen bezog sich in der Vergangenheit fast auschließlich auf eine Darstellung in schriftlicher Form. Zunehmend wird nunmehr jedoch der Wunsch laut, die DIN-Vorschriften auch maschinenlesbar zu gestalten. Die Übertragung der in den DIN-Normen enthaltenen Informationen, so wurde ausdrücklich betont, ist im urheberrechtlichen Sinne eine Vervielfältigung. Diese urheberrechtliche Beurteilung der bei der Datenverarbeitung ablaufenden Vorgänge sei mittlerweile gültige Rechtsmeinung.

Um für den Interessenten mehr Klarheit zu schaffen, hat das DIN in Ergänzung zum klassischen Fall der Vervielfältigung auf Papier nach den gleichen Grundprinzipien sein Merkblatt 7 geschaffen. Es gestattet den DIN-Mitgliedern die Übernahme der Normen auf Datenträger zum Zwecke der Nutzung für den eigenen betrieblichen Bereich, Sofern diese abgespeicherten Daten auch externe Verwendung finden, beispielsweise im unternehmenseigenen Bestell- oder Lieferverkehr, wird die für diesen Zweck vorgenommene Vervielfältigung der DIN-Normen durch einen 30prozentigen Aufschlag auf den jährlichen Mitgliedsbeitrag abgegolten.

Damit erhält das DIN-Mitglied die Berechtigung, über den innerbetrieblichen Rahmen hinaus die in seiner Datenbank eingegebenen Normen bei Bestellungen und Lieferungen zu nutzen. Die Verwendung für andere Zwecke ist nicht gestattet.

Will ein CAD-Anbieter seinen Kunden DIN-Dateien zur Verfügung stellen, besteht die Möglichkeit, einen Lizenzvertrag abzuschließen. Ein solches Abkommen sieht vor, für die Dauer des Vertrages die Zugehörigkeit zum DIN zu erwerben und den entsprechenden Mitgliedsbeitrag zu entrichten. Für das Einspeichern der DIN-Normen wird vom Lizenznehmer der zweifache Nettokaufpreis jeder vollständig oder auszugsweise eingegebenen Norm verlangt.

In welcher Form die CAD-Normteiledatei letztendlich konfektioniert sein wird, ist heute noch nicht abzusehen. Auf der einen Seite besteht das Postulat, daß die Angebotsstruktur dem Benutzer möglichst viel Freiheit beim Abruf einzelner Dateiinhalte bieten sollte. Andererseits sind dieser Forderung nach offizieller DIN-Aussage durch Hantierungskosten und die Vielzahl der möglichen Varianten bei den Datenträgern Grenzen gesetzt.

Was die Preisgestaltung betrifft, wird neben der Anzahl der einzelnen Normteile zu unterscheiden sein zwischen einmaligem Kauf und der Aktualisierung. Ein Standardvertrag sollte gemäß der Forderung des Normungskomitees beide Aspekte berücksichtigen. Die heute möglichen Abschätzungen des Preisgefüges können lediglich einen ersten Anhaltspunkt für mögliche Größenordnungen darstellen.

Diesen Prognosen zufolge ist damit zu rechnen, daß nach Fertigstellung der CAD-Normteiledatei der Kaufpreis für das gesamte Werk zwischen 70 000 und 100 000 Mark liegen dürfte. Da die meisten Anwender jedoch nur eine Untermenge dieser Informationen benötigen, dürfen die Kosten jedoch nur etwa 20 000 Mark im Durchschnitt betragen. Für die Aktualisierung der Datei sollen pro Jahr zirka 15 Prozent dieses Kaufpreises anfallen.

Etwas überfahren von der angebotenen Informationsflut fühlten sich allerdings viele der etwa 340 Tagungsteilnehmer. Kritisiert wurden vor allem der eng gedrängte Zeitplan sowie unzureichende Möglichkeiten zur Diskussion. Dazu ein Vertreter eines großen deutschen Industriekonzerns: "Weniger wäre in diesem Fall vielleicht mehr gewesen."

Die CAD-Normteildatei

Der Arbeitsausschuß "CAD-Normteildatei" wurde im Dezember 1984 als "Planungsausschluß CAD-Normteildatei" gegründet und Mitte 1985 vom NSM übernommen. Die Arbeiter des Greminums sind inzwischen so weit fortgeschritten, daß jetzt ein Gesamtkonzept des Projekts zur Verfügung steht.