Personal Computer stoßen verstärkt in MDT-Domäne:

Mit "Mikro"-Preis zur "Mini"-Leistung

26.09.1980

Unternehmen der EDV-Branche brauchen zur Bewältigung der Verwaltungsarbeiten auch EDV-Systeme. Wie die Erfahrungen ausfallen, wenn es sich dabei um einen Personal Computer handelt, beschreibt Rolf Eckertz von der gfs Gesellschaft für Systementwicklung mbH, Köln.

Entscheidend für einen wirtschaftlichen Einsatz von Personal oder Mikrocomputern im kommerziellen Bereich sind neben dem Preis-/Leistungsverhältnis der Hardware, insbesondere die Zuverlässigkeit der Anlagekomponenten im Dauerbetrieb, die Verfügbarkeit von preisgünstiger Anwendersoftware und nicht zuletzt die Ausbaumöglichkeiten der Anlage entsprechend den Erfordernissen eines wachsenden Unternehmens.

Eine für die Verwaltungsaufgaben - wie Finanzbuchhaltung, Lohn- und Gehaltsabrechnung, Textverarbeitung, etc. - kleiner Unternehmen geeignete, mittlere Anlagenkonfiguration auf der Basis eines 8-Bit-Rechners mit 64 KB Halbleiter-Hauptspeicher, zwei Floppy-Disk-Laufwerken (512 KB), einem Bildschirmterminal, einem schnellen Matrix-Drucker oder einem Korrespondenzdrucker und einer 32 MB Festplatte in Winchester-Technologie nebst 17 MB-Kassettenband zur Datensicherung, ist derzeit für unter 30 000 Mark erhältlich.

Die genannten Peripheriegeräte entsprechen weitgehend dem Qualitäts- und Leistungsstandard mittlerer und größerer Anlagenhersteller; vielfach handelt es sich um Geräte aus deren Produktlinien. Leistungsengpässe bei den typischen kommerziellen Verarbeitungsaufgaben bilden die Disketten-Zugriffszeiten, der bei 8-Bit-Rechnern aus Adressierungserwägungen generell auf 64 KB begrenzte Hauptspeicher und erst dann die Leistung des verwandten Mikroprozessors.

Den schwachen Punkt beim Einsatz von Mikrocomputern bildet derzeit immer noch der unzureichende Wartungs- und Reparaturservice. Die überwiegend amerikanischen Hersteller haben zwar ihre wenigen deutschen Händler zur Ersatzteilhaltung und zur Wartung verpflichtet, doch auch im radikalen Komponentenaustauschverfahren ist ein 24-Stunden-Service nicht garantierbar. Bei den heutigen Wartungskonditionen ist es daher nicht angebracht, Mikrocomputer im zeitkritischen Dauerbetrieb einzusetzen. Nachdem jedoch inzwischen Anbieter aus dem Mini- und Großrechnerbereich in den Mikrocomputermarkt drängen, ist damit zu rechnen, daß deren Servicestandard in Kürze von den übrigen Anbietern übernommen werden muß.

Die Systemsoftware für Mikrorechner fällt mit 2 000 bis 3 000 Mark für Betriebssystem, einige Dienstprogramme, Editor und ein bis zwei Übersetzer aus dem reichhaltigen Angebot kaum mehr ins Gewicht. Der Grund für die teilweise geradezu lächerlichen Preise für qualitativ hochstehende Software (ein Cobol-Compiler, der alle Bedingungen des Level 1 Ansi-Standard 1974 und die meisten Optionen des Level 2 erfüllt, ist für 95 US-Dollar erhältlich) ist darin zu suchen, daß das Betriebssystem CP/M und dazu kompatible Varianten auf dem besten Wege sind, sich zu Quasi-Industrie-Standard mit entsprechenden Absatzziffern zu entwickeln. Da der Markt der Mikrorechner auf Massenumsätze ausgelegt ist, wurde in der Folge das überraschend breite Spektrum von Systemsoftware herstellerunabhängig auf CP/M zugeschnitten. Dies gilt insbesondere für das Angebot an Textverarbeitungs-software für Dokumentation, Standardbriefe oder direct-mailing-Aktionen sowie für Pascal-Übersetzer.

Die gleichermaßen preisgünstige kommerzielle Anwendersoftware ist hingegen überwiegend auf amerikanische Verhältnisse zugeschnitten. Pakete zur Finanzbuchhaltung oder der Lohn- und Gehaltsabrechnung, die den deutschen Richtlinien genügen, sind zu Preisen von 8 000 bis 10 000 Mark verfügbar.

Die spezifische Marktsituation für Mikrocomputer bewirkte inzwischen, daß die softwareseitige Ausbaufähigkeit in Richtung dialogorientierte Mehrbenutzersysteme und Mikrorechnernetze sichergestellt ist. Somit wird die unter dem Betriebssystem CP/M laufende Software ohne gravierenden Umstellungsaufwand auch unter dem Mehrbenutzersystem MP/ M betrieben werden können. Da der S-100 Bus zu einem offiziellen Industriestandard erhoben wurde, ist der Anschluß von herstellerfremder Peripherie, wie auch der Übergang zu den leistungsfähigeren 16-Bit-Rechnern durch den Einschub neuer oder zusätzlicher Platinen ohne größere Schwierigkeiten durchzuführen. Mit der etwa dreifach höheren internen Verarbeitungsgeschwindigkeit und der Adressierbarkeit von 512 KB Hauptspeicher - bei der Verwendung von 16-Bit-Rechnern - ist dann auch die heute zwar schon mögliche, aber aus Kapazitätsgründe nicht empfehlenswerte obere Ausbaugrenze der Peripherie gerechtfertigt. Der Zugriff auf große Datenbestände - derzeit bereits bis maximal 4 X 600 MB Festplattenspeicher pro Controller - und die Verwendung leistungsfähiger Datenbanksoftware auf "Mikro"-Rechnern werden dann endgültig den Einbruch in die bisherige Domäne der Minicomputer vollziehen.