75 vorbildliche Unternehmungen

Lernen aus beispielhaften Geschäftsentscheidungen

08.09.2000
Die nach Meinung des Autors 75 besten Management-Entscheidungen aller Zeiten ordnet er in zehn Kategorien, die er als zentral für den Erfolg von Geschäftsideen ansieht. "Marketing", "Das richtige Gefühl" oder "Vielsagende Namen" klingen dabei aber reichlich vage. Der Wert des Buches besteht mehr in der Darstellung interessanter Firmengeschichten. Von Inge Steutzger*

Geschäftlicher Erfolg ist nicht auf einen Nenner zu bringen. Deswegen geht Crainer lieber nach einem Bausteinprinzip vor: Er wählt "eklektisch und exzentrisch" 75 Geschäftsideen mit bahnbrechendem Erfolg aus, die er kurz in die jeweilige Firmengeschichte einordnet. Dazu gesellen sich jeweils die "wichtigsten Lehren", die dem Leser in seinen eigenen Management-Entscheidungen weiterhelfen sollen.

Zu den Erfindern von Industrien rechnet der Autor wenig überraschend Apple und Microsoft. Apple gab die Devise "Computer für jedermann" aus und ist nach einigen Rückschlägen wieder gut im Geschäft: "Stil ist alles", meint Crainer anerkennend mit Blick auf den ästhetischen Reiz des I-Mac. Aber auch Julius Reuter, der 1850 Brieftauben einsetzte, um Lücken im Telegrafennetz zu schließen, gilt dem Autor als Pionier eines neuen Geschäftszweigs. Schließlich habe er frühzeitig erkannt, dass Information Macht bedeute.

Beispielhaft für eine geniale Marketing-Strategie sei Philip Morris, so Crainer. In den fünziger Jahren entschied der Konzern, die Zigarettenmarke für Frauen als Männerzigarette zu vermarkten. Der Hintergrund: Die Angst vor Krebs nahm in diesen Jahren zu, und die Filterzigarette für Damen lehnte das starke Geschlecht ab. So wurde der Marlboro-Mann erfunden - und der Umsatz schnellte nach oben. Die Lehre daraus: "Markenpolitik ist unglaublich wirkungsvoll."

Der Autor honoriert aber auch Geschäftsentscheidungen, die im weiten Sinne auf ein ethisches Bewusstsein der Manager zurückzuführen ist: etwa soziale Verantwortung, wie sie der CEO von Levi-Strauss während der Weltwirtschaftskrise demonstrierte. Er entließ die Arbeiter trotz der Flaute nicht, sondern beschäftigte sie am Unternehmensstandort San Franzisko mit dem Verlegen von Fußböden. Um 1900 bereits hatte der heute größte Bekleidungshersteller der Welt nach einem Erdbeben die Kreditlinien seiner Großhandelskunden erweitert, großzügig und clever zugleich. Eine Lehre daraus: Soziales und ethisches Bewusstsein kann sich lohnen, etwa dadurch, dass die Personalfluktuation bei Levi-Strauss nur 1,5 Prozent im Jahr ausmacht.

Eine ähnliche Wertschätzung gegenüber den Mitarbeitern wie Levi-Strauss legte auch 3M an den Tag. Das Unternehmen traf die unkonventionelle Entscheidung, seinen Forschern 15 Prozent ihrer Arbeitszeit für eigene Projekte zu gewähren. Die Lehre daraus: "Zeit und Freiraum fördern die Kreativität" sollten sich all die Manager hinter die Ohren schreiben, die Geschäftsvorgänge und Arbeitnehmer immer noch stärker verwalten und gängeln wollen, als das ohnehin der Fall ist.

Eine Reihe von eklatanten Fehlentscheidungen runden das Buch ab. Dazu gehören nicht nur die bekannten Missgriffe von Apple und IBM, sondern auch Versuche Henry Fords, seine Produktpalette zu erweitern. Im ersten Weltkrieg baute er mit wenig Erfolg U-Boote, im zweiten Flugzeuge.

Crainer, Stuart: Die 75 besten Managemententscheidungen aller Zeiten. Wien, Frankfurt: Ueberreuter 2000. 281 Seiten, 49,90 Mark.

*Inge Steutzger arbeitet als freie Autorin in München.