"Kunden sind von falschen Versprechen frustriert"

31.05.2005
Mit Scott Kriens, CEO von Juniper Networks, sprach die CW-Schwesterzeitschrift "Network World" über die Konkurrenz mit Cisco.

CW: Sie haben Cisco erfolgreich beim Internet-Routing herausgefordert. Nun wollen Sie den Konkurrenten im Geschäft mit Netzlösungen für Firmen angreifen. Wie gehen Sie dabei vor?

Kriens: Wir werden Vertrauensbeziehungen zu Firmenkunden aufbauen. Das hat auch schon im Geschäft mit Service-Providern funktioniert, wo wir bei Null angefangen haben und mittlerweile einen Marktanteil von 40 Prozent halten. Natürlich ist es harte Arbeit, sich im Markt für firmenkritische Netzwerk-Backbones in gleicher Weise zu etablieren. Dort erfolgreich zu sein, ist für uns keine Selbstverständlichkeit.

CW: Warum sollten Cisco-Kunden ihre Router gegen Juniper-Geräte austauschen?

Kriens: Bevor ich mich jetzt in Abkürzungen und Technikdetails verliere: Es ist so, dass unsere Produkte in der Lage sind, den Netzverkehr genau zu inspizieren, und zwar auch bei hohen Datenraten. Unsere Wettbewerber müssen hier Kompromisse eingehen. Deren Router oder Firewalls können Datenpakete nur bei niedrigen Übertragungsraten im Detail analysieren. Oder sie leiten die Pakete rasch weiter, müssen aber dafür auf eine tiefgreifende Untersuchung verzichten. Doch es ist erforderlich, Daten noch eingehender als bisher zu untersuchen. Und angesichts von breitbandigen Video-Übertragungen und Fernsehen auf Handys muss dies schneller geschehen als je zuvor.

CW: Wie wollen Sie die unlängst zugekauften Firmen Peribit und Redline in Ihr Portfolio integrieren?

Kriens: Deren Techniken zur Performance-Verbesserung bei Web-Applikationen und Weitverkehrsnetzen werden in unsere Sicherheits- und Router-Lösungen eingebunden. Auf diese Weise werden Anwendungen nicht nur leistungsfähiger, sondern weisen auch eine höhere Verfügbarkeit auf. Die Geräte beider Firmen arbeiten transparent im Netz. Zu deren 1300 Kunden zählen Unternehmen wie ABC News und Merrill Lynch.

CW: Um sowohl mit Cisco als auch Nortel im Firmenumfeld zu konkurrieren, müssen Sie auch Ethernet-Switches liefern können. Ist da etwas in Arbeit?

Kriens: Sie müssen heute zur bestehenden Netzinfrastruktur in den Firmen interoperabel sein und diese ergänzen. Es gibt viele Millionen Ethernet-Ports, die von unterschiedlichen Herstellern stammen. Wir können die Probleme der Kunden nicht lösen, indem wir ihnen vorschlagen, ihre vorhandene Installation durch unsere abzulösen. In unsere Produktlinien integrieren wir Ethernet-Funktionen, und der Anteil der damit erzielten Umsätze steigt.

CW: Was fehlt Ihnen sonst noch für das Firmenkundengeschäft?

Kriens: Wir wollen unser Portfolio ausbauen. Da bieten sich mehrere Möglichkeiten an: Beispielsweise, indem wir Partnerschaften eingehen und gemeinsam mit anderen Firmen Produkte entwickeln, so wie wir es mit Avaya tun (die Entwicklungs- und Vertriebspartnerschaft sieht die Kombination von Avayas IP-Telefonie- und Junipers Security- sowie Router-Technik vor, Anm. der Redaktion). Möglicherweise kaufen wir weitere Firmen, allerdings nur, um Lücken zu füllen. Wir setzen alles daran, Lösungen selbst zu entwickeln, da wir überzeugt sind, dass kein anderes Unternehmen dies so beherrscht wie wir. Unsere Ausgaben für Forschung und Entwicklung belaufen sich auf fast 350 Millionen Dollar pro Jahr.

CW: Die meisten Anbieter von Ethernet-Produkten haben auch Wireless-Lösungen im Programm. Werden Sie hier ebenfalls Flagge zeigen?

Kriens: Es handelt sich dabei lediglich um eine weitere Zugangstechnik. Wir haben gerade die Firewall "Netscreen-5GT Wireless" auf den Markt gebracht, die auch Funktionen zum Absichern von WLANs aufweist. Das Thema ist sehr interessant und wichtig für uns.

CW: Sie vertreten die Ansicht, dass Unternehmen mit ihren Netzen nicht zufrieden sind. Womit begründen Sie das?

Kriens: Es gibt auf dem Markt zu viele Leute, die den Kunden alles Mögliche versprechen, um deren Lieferant zu werden. In unseren Gesprächen mit CIOs kristallisiert sich heraus, dass viele von leeren Versprechungen und unrealistischen Behauptungen der Hersteller frustriert sind. Wer den Anwendern verspricht, besser, billiger und schneller als die Konkurrenz zu sein, versteht entweder sein Geschäft nicht oder glaubt, die Käufer hätten keine Ahnung. Ich weiß nicht, was von beiden schlimmer ist. (fn) u