"Technische Autoren" für Programmbeschreibung gesucht:

Können Sie schreiben?

08.08.1975

MÜNCHEN - Die EDV ist eine lebendige Branche, die immer neue Berufe hervorbringt. So kommt aus den USA schon wieder ein zuvor unbekanntes EDV-Berufsbild: der "technische Autor". Es entstand aus der Erfahrung, daß technische Beschreibungen oft nicht das erreichen, was sie sollen: einem Anwender klar zu sagen, was er mit einem bestimmten Produkt tun kann. Wer ein Gerät oder eine Maschine entwickelt verfaßt zwar meist auch die Beschreibung dafür, ist dazu aber vielfach mangels genügend "schriftstellerischer Begabung" gar nicht fähig. Die Lücke zwischen dem, was Konstrukteur oder Urheber sagen wollen, und dem Verständnis des Kunden schließt der neue Beruf. Bei Software ist er demnach das Bindeglied zwischen Programmierern und Anwendern.

Teamwork

Das bedeutet: Im Idealfall sollte er während der gesamten Entwicklung einer Anwendung dem Programmierteam angehören. Nur so kann er das Programm - bis hin zu allen Tücken und Schwierigkeiten - voll verstehen und später verständlich weitergeben.

Um diese Aufgabe erfüllen zu können, muß der Autor vor allem zwei Voraussetzungen mitbringen. Er braucht: die genaue Kenntnis des Produkts, das er beschreiben soll und die genaue Kenntnis der Zielgruppe seiner Produktbeschreibungen.

Vier Buchtypen

Brigitte Beutenmüller, technische Autorin im DV Publication Service der IBM Deutschland unterscheidet vier Arten von Büchern als Produkte ihres Metiers. Es sind

- die allgemeine Einführung in ein Programm (Zielgruppe: Anwender)

- Detailfunctionsbeschreibung und Verarbeitungsmethoden (Zielgruppe: Programmierer und Systemanalytiker)

- Handhabung des Programms mit Bedienungsanweisung für Konsole, Terminal usw. (Zielgruppe: Operateure) und

- logischer Aufbau und Datenfluß (Zielgruppe: Systemprogrammierer und Wartungsbeauftragte).

Jeder dieser Buchtypen wird nach vorgegebenen Richtlinien geschrieben, die eine so weitgehend einheitliche Dokumentation als irgend möglich sicherstellen sollen.

"Meist schreiben sie nicht gern"

Heinzgünther Klaus, Pressechef von Honeywell Bull GmbH, zur CW: "Eine Frage der Rentabilität, ob man sich Fachkräfte mit der einzigen Aufgabe leisten will, lesbare Programmbeschreibungen zu verfassen." Weder die Kölner noch Sperry Univac, beschäftigen technische Autoren. Hans Walter Emmert, Leiter der Univac-Abteilung "Modulare Programmierung", zur CW: "Die Mitarbeiter, die die Programmhandbücher erstellen, arbeiten bei uns auch bei der Programmierung mit." Auch bei den von CW befragten deutschen Firmen sind Vertreter des neuen Berufstyps offenbar noch nicht anzutreffen. Siemens-Stellungnahme: "Meist schreiben Programmierer und Systemanalytiker nicht besonders gern."

Zweitberuf "technischer Autor"

Diese Schreibunlust läßt erwarten, daß hierzulande der technische Autor zum Zweitberuf für Schreibgewandte werden wird, die ihre flotte Feder Herstellern, Software-Häusern und großen Anwendern mit konzernweiten eigenen Systementwicklungen zur Verfügung stellen und dafür weniger in ihren herkömmlichen Arbeitsgebieten beschäftigt werden. Manch einer kann damit auch bei Anwender-Firmen zum unentbehrlichen Spezialisten werden.