Märkte noch nicht gesichert, Handelsstreit droht

Intel und Sharp betreten mit Flash-Kooperation dünnes Eis

14.02.1992

TOKIO (CW/IDG) - Flash-Memory-Marktführer Intel Corp. will künftige Entwicklungen nicht allein finanzieren. Deshalb vereinbarten die Amerikaner jetzt mit der japanischen Sharp Corp. die gemeinsame Weiterentwicklung und Produktion von Flash-Speichern. Kritiker fürchten indes, der Technologietransfer zementiere die Chip-Abhängigkeit der USA von den Japanern.

Flash-Memories sind Chipkarten in der Größe etwa einer halben Scheckkarte. Sie sind beschreibbar und können wieder gelöscht werden. Obwohl sie ihre Informationen mittels elektrischer Zustände halten, bleiben die Daten auf einem Flash-Memory auch bei Stromverlust erhalten.

Das in Tokio vorgestellte Abkommen, soweit dessen Inhalte bekanntwurden, sieht folgendes vor: Intel überträgt an Sharp die Lizenz zur Produktion von Flash-Produkten mit einer Leitungsstärke von 0,6 beziehungsweise 0,8 Mikron (1 Mikron entspricht einem millionstel Meter). Die Fertigung dieser von beiden Partnern in gemeinsamen Teams zu entwickelnden Speicher soll 1994 bei Sharp, also in Japan, anlaufen. Sharp erhält außerdem Zugriff auf bereits von Intel lieferbare Flash-EPROMs für den Einsatz in eigenen Produkten und als Handelsware.

Für den kalifornische Chip-Hersteller ist diese Übereinkunft die dritte mit einem japanischen Flash-Partner: Die NMB Semiconductor Co. will noch in diesem Jahr solche Memories in Intel-Lizenz produzieren; Notebooks von Fujitsu Ltd. verwenden ebenfalls Intels Flash-Technologie. Vor allem der die Produktion betreffende Teil des Abkommens zwischen Sharp und Intel erscheint unverzichtbar, um "Schritt zu halten mit der Fertigungskapazität, die wir künftig benötigen werden", stellte Intels Senior-Vice-President Robert Reed fest. Ohne Sharp sei man zudem nicht in der Lage, Intel-Flashes den Zutritt zum Consumer-Markt zu verschaffen, da man dort keine Erfahrung habe.

Dataquest beziffert den Weltmarkt für Flash-Karten 1991 auf 130 Millionen Dollar - mit steil steigender Tendenz. Flashes können theoretisch nicht nur als Ersatz für DRAMs (Arbeitsspeicher), sondern auch als Peripheriespeicher anstelle von Festplatten oder Floppies eingesetzt werden. Das macht sie zur potentiellen Speichertechnik für Laptops, Notebooks, Pentops und Palmtops. Außerdem werden sie nach Ansicht von Experten zunehmend in Gütern der Konsumelektronik, zum Beispiel in miniaturisierten Tonaufnahme-Geräten, Still-Video-Kameras und Zellular-Fax-Geräten Verwendung finden. Auf dieser Grundlage schätzen die Marktforscher den Weltumsatz 1995 bereits auf 1,5 Milliarden Dollar.

Einer breiten Akzeptanz der Flash-EPROMs stehen aber noch ihr gegenwärtig nicht konkurrenzfähiger Preis und die für den Einsatz als Disk-Ersatz zu geringe Speicherkapazität entgegen. 2-MB- beziehungsweise 4-MB-Flash-Karten - die größten jetzt erhältlichen - kosten noch zwischen 100 und 200 Dollar, Disketten dagegen nur einen Bruchteil dieses Preises.

Für die Flash-Technik sprechen ihr Entwicklungspotential - auf 6-MB-Karten muß man wahrscheinlich nicht mehr allzulange warten - und schon jetzt ihre Überlegenheit bei der Performance, bei der Ausfallsicherheit und beim Stromsparen. Die Zugriffszeit eines 2?-Zoll-Laufwerkes liegt jetzt schon um den Faktor 80 über der eines Flash-Speichers, das Gewicht ist fünfmal so hoch, und der mechanische Speicher

nimmt mehr als sechsmal soviel Platz im Gehäuse weg.

Als Pferdefuß sind aber die Chip-üblichen Handelsprobleme zwischen Japan und den USA auch bei Intels Allianzen mit Sharp, Fujitsu und NMB zu erwarten. Die amerikanische Semiconductor Industry Association (SIA) steht nämlich auf dem Standpunkt, daß Flashes gleich zu behandeln seien wie EEPROMs. Diese aber unterliegen den Anti-Dumping-Regeln bei der Einfuhr in die USA. Von NMB oder Sharp in Japan für Intel oder andere US-Kunden produzierte Flashes würden Gefahr laufen, mit Strafzöllen belegt zu werden, wenn sie unter Einstandspreis angeboten würden. Genau das wird in SIA-Kreisen geargwöhnt.

Das japanische Handels- und Industrieministerium hält dem gegenüber die Flash- und die EEPROM-Technologien für nicht vergleichbar. Außer Intel-Partner Fujitsu haben in Japan noch NEC, Toshiba und Mitsubishi eigene Flash-Produkte im Angebot. Sharp vermeidet eine Stellungnahme zu diesem Thema. Das Unternehmen baut eine Fabrik mit einer Tageskapazität von 800 Einheiten; Intel zufolge ist aber nicht vor 1994 mit einem signifikanten Volumen zu rechnen.