IBM öffnet langsam den Mainframe

20.03.2003
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Sascha Alexander ist seit vielen Jahren als Redakteur, Fachautor, Pressesprecher und Experte für Content-Strategien im Markt für Business Intelligence, Big Data und Advanced Analytics tätig. Stationen waren unter anderem das Marktforschungs- und Beratungshaus BARC, die "Computerwoche" sowie das von ihm gegründete Portal und Magazin für Finanzvorstände CFOWORLD. Seine Themenschwerpunkte sind: Business Intelligence, Data Warehousing, Datenmanagement, Big Data, Advanced Analytics und BI Organisation.
MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Die XML-Standards für Web-Services haben die Transaktionsmonitore erreicht. Nach Bea Systems will nun IBM seine Cics-Middleware für den Nachrichtenaustausch über Soap anpassen.

Noch in diesem Monat will IBM auf seiner Technologieseite Alphaworks ein erstes kostenloses Toolkit für Cics vorstellen. Dieses dient zum Aufbau einer Infrastruktur auf dem Transaktionsmonitor, über die vor allem in Cobol und PL/1 geschriebene Host-Anwendungen mit Hilfe des Kommunikationsstandards für Web-Services, dem Simple Object Access Protocol (Soap), direkt Nachrichten und Dienste mit anderen Systemen austauschen können. Eine zusätzliche Middleware zur Host-Integration wäre bei diesem Ansatz nicht nötig.

Brücke zum Mainframe: Bisher dient das Cics Transaction Gateway zur XML-Anbindung von Cobol-Anwendungen. Künftig soll auch der direkte Weg über Soap möglich sein.
Brücke zum Mainframe: Bisher dient das Cics Transaction Gateway zur XML-Anbindung von Cobol-Anwendungen. Künftig soll auch der direkte Weg über Soap möglich sein.

Angesichts des Frühstadiums des Toolkits sind derzeit noch wenige technische Details bekannt. Klar ist aber, dass als Transportprotokolle für Soap-Nachrichten HTTP sowie die Messaging-Middleware „Websphere MQ“ (vormals MQ Series) vorgesehen sind. Letztere wird laut Thomas Funke, Geschäftsführer der auf Host-Integration spezialisierten Maas High Tech Software in Filderstadt, vermutlich der bevorzugte Transportmechanismus im Intranet sein, da sie bei den meisten Unternehmen bereits im Einsatz ist. Es sei zudem wegen seiner Leistungsfähigkeit und Sicherheit das derzeit bevorzugte Protokoll für geschäftskritische Transaktionen.

HTTP dagegen wird von den aktuellen Entwicklungswerkzeugen für Web-Services im Umfeld von Java und Microsoft .NET unterstützt und eignet sich als Internet-Standardprotokoll hervorragend für unkritische Geschäftsprozesse jenseits des Unternehmens. Dennoch sehen laut Funke Konzerne in HTTP derzeit keine Option.

Eine Unterstützung von IBMs Transaktionsmonitor IMS scheint bisher nicht geplant zu sein. Damit können zahlreiche Großkunden, von denen es laut Funke allein hierzulande für Cics und IMS rund 1000 gibt, das Toolkit nicht nutzen. Ebenso fällt auf, dass bisher nicht von einer Unterstützung der Web Services Description Language (WSDL) die Rede ist. Es bleibt abzuwarten, auf welche Art die Abbildung zwischen Soap-Operationen und Cics-Transaktionen definiert wird.

Funke vermutet, dass ein echter Soap-Server im Entstehen sei, der auf die vorhandene HTTP- beziehungsweise MQ-Connectivity zu Cics aufsetzen werde. Dieser würde dann einen Remote Procedure Call in einer Soap-Message auf ein Cobol-Programm mappen sowie beispielsweise das Error-Handling übernehmen. „Soap allein ist für Cics aber nicht genug, da es zu viele Schwachstellen aufweist und für komplexe Transaktionen nicht ausreicht. Mit einigen Erweiterungen in einer XML-Service-Schicht wird jedoch eine einfache Host-Connectivity möglich“, sagte Funke.

Rudimentäre XML-Anbindung

Allerdings ist von der Serviceschicht noch wenig zu erkennen. IBM bietet laut Funke bisher nur eine XML-Erweiterung zum Cobol-Compiler, der noch keine XML-Schemata unterstützt, sondern XML-Dokumente nur rudimentär zerlegt und diese nicht automatisch in Cobol-Daten abbilden kann (siehe Grafik). Zudem sei das Mapping grundsätzlich eine komplizierte Angelegenheit, da je nach Anforderung die XML-Datenstrukturen komplett oder nur teilweise in Cobol-Datenstrukturen überführt werden müssen. Schwierig sei es auch, in alten dialogorientierten Cobol-Anwendungen die Fachlichkeit von der Oberflächenlogik zu trennen. „Die Kunst besteht darin, die Schnittstelle richtig zu modellieren, damit sie nicht nur für ein Projekt gültig ist.“ Standard-Parser sind für Cics derzeit nur in C verfügbar und für die Unternehmen keine echte Option.

Trotz dieser Probleme hält Funke, dessen Unternehmen bereits seit zwei Jahren eigene Soap-Server zur Host-Integration implementiert, IBMs Pläne für einen richtigen und notwendigen Schritt, den Mainframe zu einem offenen System zu machen. Unter dem heutigen Kostendruck sei kaum ein Konzern bereit, seine Host-Anwendungen neu zu schreiben, sondern muss die enormen Investitionen in Fachlichkeit schützen und die Systeme integrieren. Bisherige Ansätze zur Host-Anbindung wie etwa die Kapselung von Fachlogik in Cobol-Objekten auf separaten Servern könnten nicht die Leistungsfähigkeit und Verfügbarkeit eines Mainframe bieten. Gleiches gelte bei einer Integration über einen Applikations-Server. Hierzu müssten zudem Schnittstellen am Host und auf dem Server entwickelt werden.

Fünf Jahre nach dem Start von XML und gut zwei Jahre nach der Veröffentlichung von Soap steht somit IBM mit seinen Web-Services-Plänen für seine Transaktionsmonitore noch am Anfang. Stattdessen misst der Hersteller einer Anbindung über den hauseigenen Java-Applikations-Server „Websphere“ die größere Bedeutung bei (der allerdings Soap-Nachrichten empfangen kann). Hierzu empfiehlt der Hersteller den „IMS Connector for Java“ und das „Cics Transaction Gateway“, das auf der Java Connector Architecture basiert, als bevorzugten Adapter in die Cics-Welt (weitere Informationen zu den Konnektoren).

Tuxedo goes Web-Services

Derweil hat auch IBM-Konkurrent Bea Systems kürzlich die Web-Services-fähige Version 8.1. seines Transaktionsmonitors „Tuxedo“ vorgestellt. Diese verspricht eine enge Integration mit dem Java-Applikations-Server „Weblogic Enterprise“ und der Entwicklungsumgebung „Weblogic Workshop“, mit der sich Web-Services erstellen lassen. Laut Bea werden damit Tuxedo-Anwendungen und deren Infrastruktur für hochkritische Geschäftsanwendungen für den Applikations-Server verfügbar.