Netzverantwortlicher muß sich gewandelten Anforderungen stellen

Hansdampf in allen Gassen für Kommunikationsprobleme

24.06.1988

Die Netzverantwortlichen gehen harten Zeiten entgegen. Zuviele Beteiligte wollen von ihnen gut bedient, zuviele "heiße" Eisen müssen angepackt werden. Darüber hinaus erwarten den Netzverantwortlichen häufig Machtkämpfe mit den DV - Managern. Kornel Terplan, Unternehmensberater aus Gröbenzell, nimmt die Situation des Netz - Fachmannes unter die Lupe.

Obwohl die Aufgabengebiete der Netzverantwortlichen nirgendwo genau festgelegt sind, erwartet man, daß das Kommunikationsnetz des Unternehmens wie durch Zauberei fehlerfrei und problemlos funktioniert. Mit anderen Worten, es wird stillschweigend vorausgesetzt, daß diese Personen das Netz vorbildlich verwalten. Netzmanagement im erweiterten Sinne bedeutet die Koordination aller Ressourcen, die zum Design, zur Planung, Modellierung, Steuerung, Simulation, zur Generierung, Implementierung, Analyse, Überwachung, Messung und zum Testen von Kommunikationsnetzen notwendig sind. Zudem wird auch noch erwartet, daß der Servicegrad für die Endbenutzer durch optimale Kapazitätsverteilung und mit angemessenen Kosten erfüllt wird.

Alle obengenannten Aufgaben zur Zufriedenheit aller Beteiligten (Benutzer Entwickler, Hersteller und Bundespost) zu erfüllen, ist - vorsichtig ausgedrückt - nicht leicht.

Die Zeit der Bit - und Bytezählung auf der technischen Ebene und die kritiklose Akzeptanz aller Hersteller - und Postideen auf der Planungsebene ist endgültig vorbei. Die Position der Netzverantwortlichen ist aber keinesfalls beneidenswert, wenn man an die " heißen " Themen denkt: Installation von kabelorientierten lokalen Netzen oder Nebenstellenanlagen; Terminierung der ISDN - Dienste mit allen existierenden Unsicherheiten sowie integrative Verwaltung mehrerer Netzarchitekturen. Kritische Bereiche sind ferner Kontrolle über Personal - Computer, Dimensionierung der Fernbereichsnetze und von Gateways, Verbindung der Prozeßsteuerung mit der kommerziellen Datenverarbeitung und die organisatorische Gestaltung der integrativen Sprach - Daten - Welt, vor allem mit der Konsequenz der problematischen Umschulung.

Historisch bedingt unterscheidet man die in Tabelle 1 aufgelisteten typischen auf die Datenverarbeitung bezogenen Aufgabenbereiche bei den Netzverantwortlichen.

Die sprachbezogenen Strukturen sind im Vergleich dazu nicht so ohne weiteres erkennbar. Charakteristisch im Betrieb sind die Automatismen, die verfeinerten Abrechnungspakete und die weitgehend mechanisierbaren Dimensionierungsverfahren. Bei der bevorstehenden Integration müßten die Erfahrungen ausgetauscht und benutzt werden; leider wird genau das Gegenteil erwartet: erbitterte Machtkämpfe. In derartigen Auseinandersetzungen steigen - nach meiner Ansicht - - die Datenverantwortlichen etwas besser gerüstet ein.

Festgestellt werden muß: Der Netz verantwortliche ist keine Einzelperson mehr. Und diese Aussage gilt immer unabhängig von der Netzgröße. Tabelle 1 zeigt drei Netzgrößen und die durchschnittliche Anzahl der Personen, die das jeweilige Gebiet betreuen. Die Anzahl der Netzelemente bezieht sich dabei auf die physikalischen Endgeräte. Auch bei kleinen Netzen reden wir über 32 Personen, die sich um das Datennetz kümmern.

Was bringt nun die Zukunft? Kommunikationspolitiker erwarten in den kommenden fünf Jahren Wachstumsraten in Kommunikationsnetzen in der Größenordnung von 20 bis 25 Prozent, bezogen auf das Übertragungsvolumen. Doch erhöht sich die Zahl der Netzverantwortlichen gleichermaßen? Keinesfalls! Erstens könnten die Unternehmen so viele Netzverantwortliche nicht bezahlen, und zweitens werden die Ausbildungsstätten nicht so viele Fachkräfte bereitstellen können.

Wo liegt dann der Lösungsweg, den die Unternehmen einschlagen müssen? Die Antwort lautet: bessere Instrumentierung kombiniert mit besserem Kenntnisstand der Netzverantwortlichen.

So kann eine eindeutige, relative Verschiebung des Verhältnisses auf den drei Gebieten (Tabelle 1) erwartet werden. Viele Tätigkeiten des Betriebes und der Verwaltung werden durch Instrumente unterstützt, wodurch die manuelle Arbeit in den Hintergrund tritt. Gewisse klassische manuelle Tätigkeiten, wie Betriebsüberwachung, Patching, Umschalten, Routenwahl, Aktivierung/Deaktivierung, Problemdiagnose, Interpretation von Meßdaten, Auslösen von Messungen, Durchführung von Messungen vor Ort, Berichtsgenerierung und Bestandsführung werden schrittweise von intelligenten Werkzeugen übernommen.

Die Steuerung und Programmierung von derartigen Geräten bleibt nach wie vor in den Händen der Netzverantwortlichen. Die Idee eines lernfähigen Expertensystems mag zwar vielversprechend klingen, aber die Verwirklichung liegt noch weit in der Zukunft. In Tabelle 2 wird die Verschiebung der Verteilung zugunsten von kreativen Tätigkeiten wie Alarmmanagement, Tuning, Modellierung, Planung, Lastschätzung, Problem - und Änderungsmanagement prozentual dargestellt.

Wie sieht nun eine Arbeitsplatzbeschreibung des kreativen Netzverantwortlichen der neunziger Jahre aus? Zu den grundlegenden Pflichten gehören die Schätzung der Kommunikationslast auf Grund der Analyse der geschäftlichen Entwicklung des Unternehmens, Quantifizierung dieser Last in Übertragungseinheiten, Wahl der günstigsten technologischen Alternative (einschließlich Netzarchitektur), Umgang mit Instrumenten, Verständnis der Serviceanforderungen der Benutzer, Anstoß der Generierung des Netzes und periodische Auswertung der Performance.