Hannemann geh Du voran

24.01.1975

Adolf Plank, EDV-Chef der Münchner Kfz-Zubehör-Großhandelsfirma Stahlgruber bezeichnet sich und seine Firma als "postgeschädigt". Die Firma Stahlgruber hätte nach der Erhöhung der Leitungsgebühren Mitte 1974 - wie im "Interview der Woche", Seite 8, nachzulesen ist - mit um rund 65 Prozent höheren Leitungskosten für ein geplantes Datenfernübertragungsnetz rechnen müssen. Die zusätztlichen 200 000 Mark waren bei gegebener Kalkulation der Wirtschaftlichkeit nicht zu verkraften. Die schönen, an sich richtigen Pläne mußten verschrottet werden.

Preiserhöhungen bis zu 533 Prozent

Dergleichen allein sollte reichen, massiven Protest gegen die DFÜ-Politik der Deutschen Bundespost hervorzurufen. Neben einer Steigerung der Leitungsgebühren innerhalb von drei Jahren bis zu maximal 533 Prozent ist vor allem das Monopol der Post bei der Ausrüstung mit Modems bis zu 2400 Baud zu kritisieren. Im Vergleich zum Angebot des Marktes fordert die Post für kompakte Museumsstücke exorbitante Preise, - Monatsmieten, die an den Kaufpreis amerikanischer, LSI-gefertigter Kleinst-Modems heranreichen. Heinz Nixdorf hat solch einen Mini-Dings immer in der Jackentasche, um Besuchern klarzumachen, welche Oldtimer ihnen die Post andreht, wie durch das Liefermonopol technische Innovation abgewürgt wird. Da bleibt im Gespräch kein gutes Haar an den Bonner Monopolisten.

Zudem hat "Europas größtes Dienstleistungsunternehmen" noch Lieferschwierigkeiten für Standard-Post-Modems und fordert bis zu 18 Monate Dispositionszeit (in Worten: achtzehn).

Für den Anwender nur Pflichten

Über die am 1. 7. 1974 inkraft getretene "Verordnung über das öffentilche Direktrufnetz für die Übertragung digitaler Nachrichten" (DirRufV) schreibt Hugo Schwenk, Leiter der Datenverarbeitung der PWA, Papierwerke Walldorf-Aschaffenburg AG im Gastkommentar der COMPUTERWOCHE vom 13. 11. 1974: >Die Verordnung wimmelt von "überlassen" , "bestimmen" , "festlegen" , "kann werden" , "sollen" , "dürfen" , "soweit zulassen" , "bedürfen" etc. Überall nur Rechte, keine Pflichten für das zur Sicherung gemeinschaftlicher Aufgaben verpflichtete Staatsmonopol<

Opposition im Verband der Postbenutzer

Die Opposition gegen die Datenfernübertragungspolitik der Bundespost formierte sich im "Arbeitskreis Datenfernverarbeitung" des "Verbandes der Postbenutzer e. V.". "Zunächst beteiligten sich bis zu 30 Groß- und Mittelanwender von EDV-Anlagen. Es gab - so weit berichtet wurde - eine gute Presse . . . Aber was bringt das schon?

Heute herrscht Resignation. Der Arbeitskreis ist nach wenigen Sitzungen kurz vor der Auflösung.

Gerade Großanwender in der Datenfernverarbeitung haben sich diskret zurückgezogen, mehrfach mit der Begründung, man könne sich aus geschäftspolitischen Gründen nicht offiziell mit der Post anlegen. Auch gab es Rückzieher, als es darum ging, eigentlich geringe Summen für die notwendigen juristischen und technischen Gutachten aufzubringen. Außerdem wurde bemängelt, daß der Verband der Postbenutzer wohl nicht das richtige Forum sei, weil dort kleinkarierte Briefmarken-Sammler-Mentalität von Michael-Kohlhaas-Typen vorherrsche. Anderen mißfiel die antichambrierende Lobbyisten-Methode a la Bonner Verbands-Meierei.

Allgemeine Devise: "Laß die anderen nur machen", "Hannemann, geh Du voran."

Mitinitiator der Anti-Post-Fronde Hugo Schwenk ist über seine Kollegen bei den Anwenderfirmen echt verbittert: "Wenn nicht neue Impulse kommen, verläuft die Sache im Sande!"

Information Verband der Postbenutzer Arbeitskreis Datenfernverarbeitung, 6 Frankturt Gemündener Straße 34