Network Systems realisiert ein "Netz von Netzwerken":

Geschwindigkeit - keine Inhouse-Hexerei

23.12.1988

Klaus Seitz ist als Leiter Marketing und Öffentlichkeitsarbeit der Network Systems GmbH, Frankfurt, in deren Münchener Geschäftsstelle tätig.

Informationsvorsprung bedeutet Mitbewerbsvorsprung. Nur ein Unternehmen, das sich laufend auf die sich rasch ändernden Situationen seiner Umwelt einstellen kann, sichert sich entscheidende Wettbewerbsvorteile. Information und Kommunikation müssen heute als strategische Aufgaben im Unternehmen verstanden werden. Bei der Realisierung dieser Aufgaben werden an die EDV-Abteilungen sehr hohe Anforderungen gestellt. Wie auf der Seite der Datenverarbeitung die Voraussetzungen geschaffen werden können, die oben genannten Forderungen zu erfüllen, soll am Beispiel eines fiktiven Unternehmens gezeigt werden. Die Firma "Brauer AG" hat ihren Hauptsitz in Frankfurt, eine Fertigung in Stuttgart und eine Tochtergesellschaft in Heidelberg. Die Geschäftsleitung forderte eine unternehmensweite und alle Bereiche integrierende Kommunikationsstruktur. Diese Aufgabe wurde zur Realisierung an die Leitung der Datenverarbeitung delegiert.

Ausgangssituation

Die in den drei Standorten installierte Konfiguration zeigt Abbildung 1. Lokal wurden im Laufe der Jahre auf bestimmte Anwendungen zugeschnittene, leistungsfähige Hard- und Software-Systeme installiert, die die an sie gestellten lokalen Anforderungen erfüllten. Auch der im Laufe der Entwicklung des Unternehmens gewachsene Bedarf nach Inhouse-Kommunikation konnte mit der Installation von Ethernets, Decnets und SNA-Verbindungen erfüllt werden. Der Datenaustausch der einzelnen Standorte erfolgte durch Transport von Datenträgern. Die Gründe für die Forderung nach einer integrierenden Kommunikationsstruktur waren im wesentlichen wirtschaftlicher Art. Die vorhandenen Systeme sollten effizienter genutzt werden. Hieraus ergaben sich die Forderungen nach

- einem schnellen Datentransfer lokal und zwischen den einzelnen Standorten,

- der gemeinsamen Nutzung der vorhandenen Ressourcen, wie Datenbanken, Anwendungen und Peripheriegeräten von jedem Ort aus.

Aus der Sicht der einzelnen Standorte sahen die Anforderungen so aus:

Fertigung in Stuttgart

- Schneller Zugriff auf die Konstruktionsdaten auf den DEC-Rechnern in Frankfurt (Decnet zu Decnet),

- Nutzung eines Statikprogramms auf dem IBM-System in Frankfurt für CAD-Anwendungen (DEC zu IBM).

Tochtergesellschaft in Heidelberg

- Schneller Zugriff auf die zentrale Datenbank auf dem IBM-System in Frankfurt (SUN und CV zu IBM mittels TCP/IP),

- Verbindung der beiden Ethernets ohne Durchsatzverlust.

Zentrale in Frankfurt

- Leistungsfähigere Verbindung der DEC-Rechner zu den IBM- und Unisys-Systemen zur Erzielung besserer Responsezeiten,

- schneller Zugriff der IBM-Benutzer auf den Laserdrucker am Unisys-Rechner,

- zentrale Datensicherung der DEC-Systeme auf dem IBM-System.

Diese Forderungen bedeuten: Schaffen von Verbindungen und Kommunikationswegen zwischen den Systemen mit Rechnern unterschiedlicher Hersteller mit unterschiedlichen Betriebssystemen, verschiedenen Übertragungsgeschwindigkeiten und Schnittstellen sowie Übertragungsprotokollen unter Beibehaltung der vorhandenen LANs. Die optimale Losung wäre ein einziges Netzwerk, das die Systeme innerhalb der Standorte miteinander und die einzelnen Orte untereinander verbindet. Eine solche Lösung ist heute realisierbar (Abbildung 2). Ein Netz, .das als Backbone (Rückgrat) alle installierten Systeme und Netze verbindet und dabei die unterschiedlichen Rechnersysteme, Betriebssysteme und Übertragungsprozeduren berücksichtigt.

Diese Lösung wurde verwirklicht. In der Zentrale wurde ein Hochgeschwindigkeitsnetz (50 MBit/s) installiert, an das das Unisys-, das IBM- und die DEC-Systeme über sogenannte Adapter, angeschlossen wurden. An dieses Netz wurden die Standorte Stuttgart und Heidelberg über Poststandleitungen (2 MBit/s) direkt angehängt. Die in jedem der drei Häuser bereits bestehenden LANs blieben erhalten und wurden zu Subsystemen des "großen" Netzes. In Heidelberg wurden die beiden Ethernets über einen Router zusammengeschlossen und über die Linkstrecke mit dem 50-MBit/s-Netz in Frankfurt verbunden.

Auch für höhere Anforderungen gerüstet

Über das Hochgeschwindigkeitsnetz in der Zentrale können die IBM-Benutzer jetzt den Laserdrucker des Unisys-Systems benutzen. Zum Betreiben dieses Netzes wurden Softwarepakete auf den Rechnern installiert. Alle direkt mit dem Netz kommunizierenden Systeme benötigten eine Kommunikations-Software (KS), wie zum Beispiel TCP/IP, OSI oder Netex. Für den Zugriff des IBM-Rechners auf den Laserdrucker des Unisys-Systems wurde auf beiden Rechnern eine Print-File-Transfer-Software (PFX) installiert. Für den Daten- und Programmaustausch wurde eine File-Transfer-Software (BFX) implementiert.

Mit diesem Netz konnte der Geschäftsleitung und allen beteiligten Bereichen die Basis für die Erreichung ihrer Ziele zur Verfügung gestellt werden. Außerdem sind darüber hinaus die Voraussetzungen für weit höhere Anforderungen der Zukunft geschaffen.

Ein solches Hochleistungs-Netzwerk ermöglicht die Einbindung fast jedes Computersystems vom Mikrobis zum Großrechner in lokalen, nationalen und internationalen Netzen. Praktisch alle marktgängigen Systeme kommunizieren mit höchstmöglicher Geschwindigkeit und unabhängig von anderen Operationen im Netzwerk miteinander. Die Aufstellung der Systeme in beliebiger Entfernung voneinander ergibt ein Höchstmaß an Flexibilität bei der Planung und Nutzung der EDV-Ressourcen.

Ein solches Netz, wie es zum Beispiel von Network Systems unter dem Namen Hyperchannel angeboten wird, erlaubt die Verbindung von Systemen unterschiedlicher Hersteller mit unterschiedlichen Betriebssystemen und Übertragungsprotokollen über beliebige Medien wie Kupfer-, Koax- oder Glasfaserkabel, Satelliten- oder Richtfunkverbindungen. Geschwindigkeiten bis zu einigen 100 MBit/s sind somit möglich.

Router wie bei der "Brauer AG" in Heidelberg installiert, bieten Ethernet-Benutzern neue Möglichkeiten: Die lokalen Ethernets arbeiten im Verbund mit Geschwindigkeiten, die höher liegen können als ihre interne Leistung. Über die Gateway-Funktion des Routers kann der Benutzer unter Beibehaltung seiner Kommunikationssoftware auf schnellere Netze, wie zum Beispiel den Hyperchannel und die daran angeschlossenen Systeme, zugreifen.

Immer mehr Unternehmen setzen zahlreiche lokale und geographisch entfernte LANs ein. Über Brücken können diese isolierten Netze zu einem System verbunden werden, wobei als Backbone dabei ein Hochgeschwindigkeitsnetz dient. Durch

Auftrennung von einem überlasteten Ethernet in zwei, die über eine Brücke und Hyperchannel miteinander verbunden werden, lassen sich Ausbaufähigkeit und Leistung dieser lokalen Netze sogar noch steigern.

Auch durch entsprechende Software bietet ein solches Netz bisher nicht gekannte Leistungen, so etwa die koordinierte, unternehmensweite Datensicherung in Verbindung mit der wirksamen Verwaltung und Steuerung aller im Unternehmen anfallenden Daten, die zentral verwaltet und archiviert werden. Datensicherung mit Megabit-Geschwindigkeit direkt von und zu jeder beliebigen Speichereinheit irgendwo im Netz.

Die Bedienung und Steuerung von Netzen soll benutzerfreundlich sein und dem Benutzer ermöglichen, mit seiner gewohnten Kommandosprache zu arbeiten. So kann der Benutzer einer Sun-Workstation mit einem IBM-, Apollo- oder DEC-Rechner kommunizieren, ohne die Befehlssyntax des Partnersystems zu kennen.

Unterschiedliche Netze wie Ethernet, Token-Ring, FDDI und Hyperchannel können heute funktional integriert werden. Dabei sind netzübergreifende Leitungswege mit unterschiedlichen Übertragungsmedien realisierbar: nahtlose Übergänge von Koax- zu Glasfaserkabeln oder Postleitungen. Die Wunschvorstellung eines "Netzes von Netzwerken"

mit den für jeden Anwender produktivsten und kostengünstigsten Übertragungsmedien und -protokollen ist bereits heute Realität.