Support-Modelle von SAP

Geringes Interesse am Enterprise Support

26.08.2009
Von RAAD Research
Ein Viertel der SAP-Bestandskunden hat den umstrittenen SAP Enterprise Support übernommen. Ein weiteres Viertel hat sich damit zumindest auseinandergesetzt. Der Rest kennt ihn nur dem Namen nach. Interessiert die SAP-Kunden der SAP-Support nicht?

RAAD hat von April bis Juni 2009 mehr als 300 SAP-Anwenderunternehmen danach gefragt, wie intensiv sie sich bereits mit dem Enterprise Support auseinandergesetzt haben und wie sie diesen hinsichtlich Unternehmensanpassung, Einführungsaufwand und Mehrwert beurteilen. Das ernüchternde Resultat: Trotz hoher Präsenz des Themas in den Medien sowie großer Aufregung und Aktivität in den SAP-Anwendervereinigungen haben sich längst nicht alle Unternehmen mit dem Enterprise Support auseinandergesetzt - 53 Prozent der Unternehmen sind hinsichtlich der Inhalte von Enterprise Support noch ahnungslos.

Entweder wird das Thema nicht von allen Anwendern so heiß gegessen, wie es gekocht wurde - im Sinne von "SAP ist für uns wichtig, aber so wichtig nun auch wieder nicht". Oder ein Großteil der Bestandskunden hat sich damit abgefunden, dass der Einsatz von SAP einfach teuer, aber auch alternativlos ist.

Beschäftigung mit SAP Enterprise Support (Quelle: RAAD Research)
Beschäftigung mit SAP Enterprise Support (Quelle: RAAD Research)
Foto: RAAD Research

Gestützt wird diese Hypothese durch Ergebnisse der 2008er RAAD Studie "Sourcing-Strategien von SAP-Bestandskunden". Hier gab eine signifikante Anzahl von SAP-Anwendern an, dass die Kosten für den SAP-Betrieb (sehr) hoch seien, sie aber kaum Möglichkeiten für Kostensenkungen in diesem Bereich sähen. Diese Unternehmen haben offensichtlich vor den SAP-Betriebskosten kapituliert, sehen aber auch keine Alternative zu ihren SAP-Systemen. Ansonsten hätten sie diese wahrscheinlich schon längst abgelöst. Dies wiederum hat bisher kaum ein SAP-Anwender getan. Auf die heutige Kundenbasis bezogen, hat SAP innerhalb der letzten 10 Jahre weniger als 5 Prozent seiner Kunden ganz an Wettbewerber verloren, wie RAAD durch regelmäßig durchgeführte Halbjahresbefragungen bei SAP-Bestandskunden beobachten konnte. Um eine derart hohe Kundenbindung dürften alle Wettbewerber die SAP beneiden.

Die SAP-Anwenderschaft teilt sich somit wahrscheinlich in zwei Gruppen: Erstens diejenigen, die mit offenem Visier für Verbesserungen bei Produkten und Dienstleistungen streiten und zweitens diejenigen Kunden, die Veränderungen - gute wie schlechte - überspitzt formuliert stumm hinnehmen und bei übermäßigem Frust irgendwann über einen Wechsel nachdenken. Dass die zweite Gruppe - zumindest in Bezug auf Enterprise Support - wesentlich größer ist als die erste Gruppe, sollte der SAP zu denken geben. Dies könnte immerhin so verstanden werden, dass sich SAP von Teilen seiner Kundschaft entfernt hat. Im Zuge der Diskussion um Enterprise Support ist dies schon zu beobachten. Gerade der von SAP eigentlich umgarnte Mittelstand gab an, seine Bedürfnisse im neuen Supportmodell nicht wiederzufinden. Wurden diese Kunden im Vorfeld nicht in die Diskussion einbezogen?

Vorteile des SAP Enterprise Support (Quelle: RAAD Research)
Vorteile des SAP Enterprise Support (Quelle: RAAD Research)
Foto: RAAD Research

Dass SAP hinsichtlich Enterprise Support noch eine Menge Überzeugungsarbeit leisten muss, um die Zufriedenheit bei der Masse der Bestandskunden zu erhöhen, zeigt die aktuelle RAAD-Befragung zu diesem Thema. Weder sind Nutzer des Enterprise Supports bisher zufriedener als Nutzer des Standard Supports, noch sind diese Unternehmen restlos überzeugt hinsichtlich der Vorteile des neuen Support-Modells - mehr als ein Drittel der Befragten sieht noch keine Vorteile im Vergleich zum Standard Support. Bei genauerer Nachfrage bemängeln sogar jeweils ein Drittel der Enterprise Support-Nutzer, dass der Enterprise Support nicht den Unternehmensanforderungen entspricht, dass ein Mehrwert im Vergleich zum Standard Support nicht erkennbar ist und dass der Aufwand für die Einführung nicht im Verhältnis zum Mehrwert steht. Man kann sich fragen, wer es aktuell besser wissen sollte als diese Unternehmen. Bei Unternehmen ohne Enterprise Support, die sich aber mit dessen Inhalten auseinandergesetzt haben, ist die Kritik sowohl global als auch zu den einzelnen Punkten nochmal deutlich schärfer. Weit mehr als zwei Drittel der Befragten sehen hier keine Vorteile beim Enterprise Support im Vergleich zum Standard Support.

Ein wesentlicher Meilenstein ist mit der Zusammenarbeit SAP/SUGEN hinsichtlich der Benchmark-Untersuchung zum Enterprise Support gesetzt worden. Wenn die SAP im Zuge der gemeinsamen Untersuchung von KPIs nicht nachweisen kann, dass sich für die Unternehmen wichtige Kennzahlen verbessern lassen, werden Skeptiker unter den SAP-Kunden jubeln und sich in Ihrer Meinung bestätigt sehen: SAP wolle seine Kunden von Anfang an nur melken. Sollte dies eintreten, müsste SAP an den Inhalten des Supports deutlich nachbessern, was dann sicherlich im Interesse der Kunden sein kann. Sollte SAP der Nachweis gelingen, bietet sich die Chance, dies nicht nur als überzeugendes Argument innerhalb der Bestandskundschaft zu nutzen, sondern sich auch von den Hauptwettbewerbern zu differenzieren. Entsprechende Untersuchungen bezüglich des Support-Nutzens existieren weder bei Oracle noch bei Microsoft oder Infor Global Solutions.

Über RAAD Research

RAAD Research erstellt Marktstudien und Analysen im Umfeld von betriebswirtschaftlicher Standardsoftware. Die relevanten Markttrends in Bezug auf Softwaresysteme, Infrastruktur und IT-Dienstleistungen werden durch empirische Marktforschung auf wissenschaftlich fundierter Basis ermittelt, analysiert und verständlich aufbereitet.