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Esther Dyson kritisiert ICANN

29.04.2002

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Esther Dyson kritisiert jetzt die ICANN (Internet Corporation for Assigned Names and Numbers), deren Chefin sie selbst Ende der 90er Jahre war. "ICANN ist eine Schlammgrube geworden", so Dyson wörtlich. Das liege daran, dass sich die Organisation zunehmend von ihren ursprünglichen Aufgaben entferne, nach denen sie sich hauptsächlich um die technische Administration des Internets kümmern sollte. Stattdessen rücken immer mehr kommerzielle und politische Interessen in den Vordergrund, beobachtet Dyson. Es zeige sich nun, dass sich die idealistischen Ansätze aus der Gründerzeit der ICANN nicht dauerhaft aufrecht zu erhalten sind. So hatte zum Beispiel 1998 Ira Magaziner, Internet-Policy-Guru in der Administration des ehemaligen US-Präsidenten Bill Clinton, postuliert, dass ein funktionierendes Domain-Name-System in die Hände der sorgsamen Internet-Community gehöre. Nun habe sich jedoch herauskristallisiert, dass es eine solche

Community nicht gibt. Es stelle sich nun die Frage, wer das System pflegen soll - Unternehmen, Bürgerrechtsbewegungen oder Regierungen. Außerdem müsse man lateinamerikanische und afrikanische Staaten in Zukunft stärker in die Verwaltung des Systems einbeziehen.

Die Entwicklung der Privatsphäre im Internet habe Dyson selbst in ihrem ihrem 1997 veröffentlichten Buch "Release 2.0" zu optimistisch eingeschätzt. Zwar würden Studien immer wieder zeigen, dass Internet-Nutzer besorgt darüber sind, was mit ihren Daten geschehe und den Schutz der Privatsphäre fordern. Auf der anderen Seite seien sie jedoch bereit, alles über sich preiszugeben, wenn dafür Mc Donalds die Hamburger um 20 Cents billiger verkauft. (lex)