Web

Netze mit Nutzen (II)

Erinnerung online: Terminkalender im Web

16.02.1999
Von Michael Hufelschulte
Netze mit Nutzen (II)

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Ohne Terminkalender ist man im Berufsleben nur ein halber Mensch. Wer seinen Tagesablauf nicht akribisch einteilen und verwalten muß, hat entweder eine persönliche Sekretärin oder nichts zu tun. An einschlägigen Produktofferten mangelt es nicht; je nach Bedarf und persönlichen Vorzügen bilden (kunst-)ledergebundenes Papier oder Elektronik samt Software die Grundlage für das Puzzle aus Manager-Schulung, Meetings und Muttertagsstrauß besorgen.

Das große Ärgernis der Blätter-Variante ist die doppelte Buchführung: Das Adressen- und E-Mail-Verzeichnis liegt auf der Festplatte, die Termine sind im Kalender festgehalten. Und elektronische Alternativen wie etwa der "Palm Pilot" helfen dem Mißstand nur dann ab, wenn der Schreibtisch-PC dasselbe Termin- und Adressenprogramm nutzt, so daß die Daten sich austauschen lassen.

Eine dritte Lösung erfreut sich darum im Trendsetter-Markt USA mittlerweile steigender Beliebtheit: Kostenlose, paßwortgeschützte Kalender auf diversen Web-Sites lassen sich über jeden Internet-Anschluß abrufen, ändern und ergänzen. Nach Suchmaschinen und kostenloser E-Mail-Nutzung sind diese Online-Terminer für E-Commerce-Betreiber der letzte Schrei in Sachen aktiver Kundenbindung.

Die meisten Angebote kommen im traditionellen Erscheinungsbild daher – mit Selektionsalternativen nach Tag, Woche, Monat und Jahr. Sie nutzen meist das Adreßbuch aus einem freien E-Mail-Zugang, der über dieselbe Web-Site angeboten wird. Neben der Möglichkeit, sich persönlich zu organisieren, verfügen jedoch Angebote wie beispielsweise die von "Yahoo", "When" oder "Jump" beziehungsweise das kostenpflichtige "Hotoffice" über Gruppen-Funktionen, die sie auch für die schon etwas umfangreichere Terminplanung in kleineren Unternehmen interessant machen. Bei solchen Gruppenlösungen können registrierte Benutzer einer Gruppe in die Terminkalender ihrer Kollegen schauen oder sogar die Einträge verändern. Für Unternehmen, deren Mitarbeiter viel unterwegs sind und die sich keine Investition in eine Groupware-Lösung aufhalsen möchten, können gruppenfähige Online-Terminplaner

eine ernsthafte Alternative sein: Alle Termine lassen sich von überall her einsehen; die Zentrale weiß immer, wo die Außendienstler stecken und kann ihnen weitere Termine online auf den Tagesplan setzen.

Mehr Komfort mit Profi-Timern

Den Komfort und damit die professionelle Nutzbarkeit erhöhen Suchfunktionen im Kalender und vor allem die Möglichkeit, mit gängigen Westentaschencomputern und PC-Terminprogrammen Daten auszutauschen. Da die elektronischen Helferlein aus der Klasse der Personal Digital Assistants (PDAs), der Personal Information Manager (PIMs) und der Organizer, im Verein mit einschlägiger Software für Schreibtischrechner – etwa Microsofts "Outlook" – konventionelle Timer immer weiter zurückdrängen, sind solche Synchronisationsmöglichkeiten mit deren Datenbeständen mittlerweile Standard für Online-Kalender. Das macht einen gewissen Sinn, wenn sie auch wirklich genutzt werden und damit hohe Besucherzahlen auf der Site generieren sollen. Denn wer will seine Termine schon von Papier ablesen, um sie dann in den Pilot oder den PC zu übertragen?

Die Besuchermagneten im WWW, allen voran Communities und Portal-Sites, wollen sämtlich noch in diesem Jahr Online-Kalender anbieten. Und die nächste Runde im Kalenderrennen wird nicht mehr all-american sein. Albert Warnecke, Chefredakteur von Yahoo Deutschland, kündigte jüngst eine deutsche Version des ,Web Cal‘ noch für das erste Halbjahr an.

Online-Kalender bieten gegenüber herkömmlichen Organizern oder statischer Software, etwa dem "Lotus Organizer", eine Reihe von Vorzügen. Wer eine Nachricht, die einen persönlichen Termin enthält, an einen Dienst wie "Remind U-Mails" schickt, bekommt zur richtigen Zeit eine Erinnerungs-Mail von dem Service. Beim "Calendars Net", einem Online-Dienst mit Community-Charakter, läßt sich der eigene Terminplaner durch den Event-Kalender unterschiedlichster Interessengruppen bereichern. Und anders als gedruckte Event-Kalender, die für ein ganzes Jahr an der Pinnwand heften, lassen sich Online-Kalender bei Terminänderungen im Web automatisch aktualisieren.

"When" setzt dabei auf Info-Service: Aus einer Datenbank mit rund einer halben Millionen öffentlichen Terminen aus Kultur, TV und Sport lassen sich interessante Events in den persönlichen Online-Kalender übertragen. Übertrieben vorsichtig dürfen die Nutzer der Online-Kalender jedoch nicht sein. Potentiell übelwollende Zeitgenossen oder E-kommerzielle Datensammler auf der Jagd nach möglichst genauen Nutzerprofilen könnten gar kein leichteres Spiel haben. Allein durch die überwindbare Hürde eines Paßworts geschützt, steht in den Online-Kalendern, wer wann wo mit wem was macht. Das setzt tief verwurzeltes Vertrauen voraus, entweder in die Wirksamkeit der strengen deutschen Datenschutzgesetze auch im grenzenlosen Internet oder in das Gute im Menschen.

Autorin: Angelika Eckert, freie Journalistin in Hamburg/tc