Application on Demand/ASP-Komplettlösung am besten über Partnernetze

Die richtige Infrastruktur für Application on Demand

03.11.2000
Eine komplette ASP-Lösung lässt sich als komplexes Zusammenspiel mehrerer Schichten darstellen. Dazu gehören die Bereiche "Connectivity & Colocation", "Server-Hardware", "Operating System", "ASP-Enabling-System", "Application" sowie "Managed-Services". Zahlreiche IT-Unternehmen haben in den jeweiligen Schichten Erfahrungen und Kompetenzen aufgebaut. Nach Meinung von Jörg Hubacher* wird es einem Anbieter allein schwer fallen, eine Komplettlösung bereitzustellen.

Software zu mieten und über das Internet zu nutzen, statt sie auf unternehmenseigenen Rechnern zu installieren, ist ein Konzept, das von den ASPs vor allem drei technische Voraussetzungen fordert: ein Höchstmaß an Skalierbarkeit, Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit. Angesichts der Wachstumspotenziale im Internet ist nicht absehbar, wie viele Nutzer auf einen Dienst zugreifen werden und wie hoch dessen Zuwachsraten sind. Zwar können Leitungsanbindungen großzügig kalkuliert werden, dennoch unterliegen sie immer einer physikalischen Begrenzung. Deshalb ist es sinnvoll, die Server in einem Rechenzentrum zu betreiben, das direkt an ein internationales Backbone angeschlossen ist. Dieser externe Betrieb der Server wird oft als "Internet Colocation" bezeichnet. Hierdurch entfallen zum einen die hohen Betriebskosten für ein eigenes Rechenzentrum, und zum anderen steht dem ASP-Service die gesamte Backbone-Bandbreite des jeweiligen Rechenzentrums zur Verfügung.

Eine steigende Kundenanzahl erfordert jedoch nicht nur eine größere Bandbreite, sondern auch wachsende Leistungsfähigkeit der Hardware. Hier ist es wichtig, auf ein modulares System zurückgreifen zu können, das sich sukzessive an die steigenden Anforderungen anpassen lässt.

Wichtig ist auch die Abschottung des Systems gegen Angriffe von außen. Hier muss in Ergänzung zu der Server-Technik ein besonderes Augenmerk auf die angriffssichere Verbindung der Komponenten mit dem Internet gerichtet werden. Firewall-Lösungen und Sicherheitskonzepte vermindern schon auf Hardwareseite das Risiko eines "Denial of Service". Unter beiden Aspekten bietet das Collocation-Konzept deutliche Vorteile, denn die ASPs können auf die Infrastruktur des RZ-Betreibers zurückgreifen.

Bei der Wahl des Betriebssystems ist die Stabilität beim Betrieb von transaktionsintensiven Anwendungen ein wichtiges Kriterium. Letztendlich kommt es aber darauf an, ob für die Entwicklung und den Betrieb von Internet-Anwendungen eine ausreichende Auswahl an Tools und Funktionalitäten zur Verfügung stehen. Das Betriebssystem hat außerdem entscheidenden Einfluss auf die Kosten des laufenden Betriebs der ASP-Lösung.

Durch die hohen Kosten für die Entwicklung von Anwendungen besteht die eigentliche Herausforderung allerdings in der Wahl der für die Umsetzung von ASP passenden Entwicklungsplattform. Dabei spielen so genannte ASP-Enabling-Systeme eine entscheidende Rolle. Die Zugriffe von beliebig vielen Usern müssen von diesem ASP-Enabling-System so koordiniert werden, dass die Hardwarekomponenten nicht überlastet werden. Idealerweise ist das System in der Lage, die Last gleichmäßig auf eine wachsende Anzahl von Servern zu verteilen. Weitere Anforderungen an dieses System sind unter anderem eine flexible Berechtigungsverwaltung, ein zuverlässiges Abrechnungssystem und der Schutz vor Hacker-Angriffen.

Viele Hersteller bieten Systeme, die als "Application-Plattform" oder "Application-Server" ASP-Lösungen möglich machen. Dabei werden sich vor allem jene Systeme durchsetzen, die in der Lage sind, mit den Applikationen zu wachsen. Anstatt sich die benötigten Systeme auf der eigenen Hardware zu installieren, empfiehlt es sich, die extern betriebene Infrastruktur eines Dienstleisters in Anspruch zu nehmen. Idealerweise sollte dieser Dienstleister als Teil des ASP-Enabling-Systems ein komplettes Framework anbieten, das als Grundlage für die Applikationsentwicklung und -wartung dient. Der Dienstleister wird damit zum Internet-Application-"Carrier". So wird es möglich, auch existierende Anwendungen ohne die Neuanschaffung von Hardware- oder Softwarekomponenten zu ASP-Anwendungen zu machen. Dies bietet einige entscheidende Vorteile für den Anbieter von ASP-Lösungen:

-Es entfällt die zeitaufwändige Installation und Anpassung von Enabling-Systemen auf eigener Hardware.

-Der Dienstleister garantiert die Verfügbarkeit und Skalierbarkeit der Systeme, selbst bei stark wachsenden User-Zahlen.

-Der externe Provider bietet Schulung und Support während der Entwicklung von Lösungen.

Die oberste technische Schicht jeder ASP-Lösung ist die Applikationsschicht. Die Bandbreite der möglichen Anwendungen ist sehr groß: Warenwirtschaftssysteme, Online-Shops, Webmail-Clients, aber auch Personal Desktops, Expertensysteme oder Groupware sind Beispiele dafür. Bei der Wahl der Anwendung, die über den ASP genutzt werden soll, muss evaluiert werden, ob eine Standard- oder eine Individualentwicklung die bessere Alternative ist. Standardsoftware hat den Vorteil, dass sie sofort verfügbar ist, allerdings wird sie nur in den seltensten Fällen alle Anforderungen des Anwenders erfüllen. Eine auf den Kunden abgestimmte Lösung wird durch eine Individualentwicklung oder durch die Anpassung von Standardsoftware möglich.

Zudem ist es für Business-Kunden wichtig, die Anwendung in die existierenden IT-Systeme zu integrieren. Auch dabei kann ein ASP-Enabling-System, das es ermöglicht, komplexe Geschäftsprozesse abzubilden, wertvolle Dienste leisten. So wird das Internet zur einheitlichen Plattform für integrierte Informationssysteme, die aus verschiedenen, verteilten Komponenten zusammengesetzt werden.

Alle Bereiche des Schichtenmodells sollten durch so genannte Managed-Services begleitet werden. Dazu gehören Maintenance, Backup, Security und Monitoring. Um einen permanenten Betrieb zu gewährleisten, sollten entsprechend redundante Systeme eingesetzt werden. Ferner muss das gesamte System aus Hard- und Software immer auf dem neuesten Stand gehalten werden. Gerade im Bereich ASP ist das Backup-Konzept eine nicht zu vernachlässigende Komponente, da es sich bei den Daten nicht um eigene, sondern um Kundendaten handelt. Schließlich vertraut der Anwender seine wichtigste Geschäftsgrundlage dem ASP an und muss sicher sein, dass nichts verloren geht oder in falsche Hände gerät.

Der Schutz vor ungewollten und nicht autorisierten Zugriffen ist Voraussetzung für einen erfolgreichen ASP-Dienst. Unternehmen werden ihre Daten und Anwendungen mit Sicherheit nicht outsourcen, wenn kein ausgefeiltes Sicherheitskonzept vorliegt. Außerdem müssen die Sicherheitsmaßnahmen permanent überwacht und weiterentwickelt werden. Gerade in diesem hochsensiblen Bereich sollte der ASP auf einen Spezialisten zurückgreifen, der ein individuelles Konzept erstellen und dieses auch umsetzen kann. Eine laufende Kontrolle des Monitoring-Systems ist die beste Lösung, um frühzeitig Störungen oder Qualitätsverlusten vorzubeugen.

Voraussetzung für eine moderne ASP-Infrastruktur ist auch das Billing. Die Preisgestaltung der Anbieter wird sich auf zwei Modelle einpendeln: Die Abrechnung zur Nutzung der bereitgestellten Leistungen kann pauschal, aber auch abhängig von Volumen und Traffic vorgenommen werden. Idealerweise sollte die ASP-Enabling-Schicht eine transaktionsabhängige Abrechnung (pay-per-use) ermöglichen. Das heißt, Kunden bezahlen für die Anzahl und das Volumen der durchgeführten Transaktionen. Damit verringert sich die Einstiegsbarriere ins Application-Service-Providing erheblich. Die Fixkosten werden deutlich geringer, und die variablen Kosten steigen proportional zum Traffic und damit zum Umsatz des Kunden.

Eine ASP-Dienstleistung setzt sich aus mehreren Kernkompetenzen zusammen. In jeder Kernkompetenz gibt es spezialisierte Anbieter, die einen Teil zu der ASP-Lösung beitragen können. So lässt sich beispielsweise über den Partnerverbund aus den Bereichen "Connectivity & Colocation", "ASP-Enabling" und "Application" eine Best-of-Breed-Lösung zusammenstellen. Der Spezialist für Connectivity & Colocation bietet eine leistungsstarke Anbindung ans Internet, der Application-Anbieter bringt die Business-Logik, und der ASP-Enabler liefert eine skalierbare und offene Plattform, die bereits die Voraussetzungen für pay-per-use erfüllt.

Für den Kunden einer ASP-Leistung muss jedoch ein "single point of contact" bestehen. Zwar erwartet er eine ASP-Lösung, die aus allen Bereichen die besten Anbieter kombiniert, allerdings braucht er einen zentralen Ansprechpartner als Dienstleister.

Ein einzelnes Unternehmen kann allein durch seine Kernkompetenz langfristig nicht mit den rasanten Entwicklungen der Technologien mithalten. Es kostet zu viel Zeit und Geld, in allen Bereichen des ASP-Schichtenmodells Know-how aufzubauen und weiterzuentwickeln. Durch die Kooperation mit Partnern aus den unteren "Schichten" des ASP-Modells können zum Beispiel Unternehmensberatungen Projekte schnell und effizient umsetzen und sich dabei auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren. Es ist ihnen möglich, selbst entwickelte Applikationen für Kunden zu betreiben, indem sie auf existierende Infrastrukturen zurückgreifen und das Hosting und Management der Applikationen anderen überlassen.

Der Dienstleister kann so seinem Kunden eine ASP-Gesamtlösung zusammenstellen, bei der jeweils die am besten geeigneten Anbieter für verschiedene Schichten ausgewählt werden. Damit erhält der Anwender einen "One-Stop-Shop" bei seinem Berater, profitiert aber von den Vorteilen einer "Best-of-Breed"-Lösung.

*Jörg Hubacher ist Vorstandsvorsitzender der Amadee AG, Minden, die als Internet-Application-Carrier eine Infrastruktur für verteilte Geschäftsprozesse im E-Business anbietet.

Abb.1: Schichtenmodell

Das ASP-Schichtenmodell zeigt die einzelnen Komponenten einer ASP-Lösung. Nur ein Netz von Partnern, die sich auf die einzelnen Schichten spezialisieren, kann eine optimale Lösung bieten. Quelle: Amadee

Abb.2: Die Mischung macht''s

Application-Service-Providing setzt erstklassige Kompetenzen in den drei Kernbereichen Netzwerk, Applikation und Services voraus. Quelle: Amadee

Abb.3: Zwei Lager entstehen

Der ASP-Markt wird sich aufteilen: in horizontal orientierte ASPs, die standardisierte Lösungen für bestimmte Ressorts anbieten, und vertikal orientierte ASPs, die bestimmte Branchen mit Komplettlösungen bedienen. Quelle: Amadee