Business-Anwendungen im Internet / Designkriterien für den wirksamen Internet-Auftritt

Das Ziel: Möglichst jeder Surfer sollte gern wiederkommen

20.03.1998

Das Internet diente früher lediglich dem Informationstransport militärischer und politischer Kreise sowie der Universitäten und Forschungsanstalten, die ihre Erfahrungen und Erkenntnisse darüber austauschten. Doch das Netz hat sich mit der Zeit erheblich gewandelt. Trotz heftiger Kritik der Internet-Fundamentalisten dient es mehr und mehr öffentlichen und wirtschaftlichen Interessen.

Heute bestimmen neben privaten Homepages, Kulturangeboten, Selbstdarstellungen von Verbänden, privaten Interessen- und politischen Gruppen auch Firmenporträts, Produktwerbung und kommerzielle Seiten mit direkt orderbaren Warenangeboten das Bild der Internet-Landschaft.

Soll diese Botschaft in den Gehirnen der Anwender und nicht nur auf deren Monitoren ankommen, reicht reine Technik nicht aus. Es hat sich gezeigt, daß auch mit attraktiven Suchbegriffen in die Suchmaschinen eingetragene Seiten kaum Früchte tragen, selbst wenn sie zunächst hohe Besucherzahlen ausweisen. Wie häufig nämlich eine Seite frequentiert wird, sagt noch nichts darüber aus, ob der Rezipient den Inhalt auch erfaßt und wie erhofft verarbeitet hat. Durch das große Angebot im Netz und die relativ hohen Verbindungskosten ist der Surfer oft schneller wieder von der Seite verschwunden, als es einem lieb ist. Um ihn möglichst lange zu halten, sollte ihm die Seite auf den ersten Blick gefallen. Um dies zu erreichen, müssen einige Voraussetzungen gegeben sein, mit denen man sich heute noch sehr einfach vom unausgegorenen Einheitsbrei der Internet-Angebote abheben kann.

Zunächst sollte die Leitseite klar strukturiert werden. Das im Internet scheinbar beliebte Chaos an bunten, durcheinandergewürfelten Buttons ist bestens dazu geeignet, jeden Besucher für immer abzuschrecken. "Time is money", dies gilt im Internet ganz besonders. Die wertvolle Online-Zeit wird nicht gern durch langwierige Sucherei verschwendet. Dem immer eiligen Surfer sollte die Leitseite möglichst angenehm präsentiert werden.

Dazu gehört zunächst ein feststehender Rahmen, der über alle folgenden Seiten konstant bleibt. Er trägt alle Kontroll- und Steuerungsbuttons sowie das Emblem und die Anschrift des Seitenanbieters. Besonders deutlich sollte der Rücksprungbutton zur Startseite hervorgehoben werden.

Wichtig ist auch, daß nicht mehrere unterschiedliche Buttons oder Hyperlinks zu der gleichen Seite führen. Spätestens nach dem dritten Sprung, der auf ein und dieselbe Zielseite führt, ist der Surfer verständlicherweise frustriert. Für jedes Ziel sollte deshalb nur ein einziger, deutlich und unmißverständlich gekennzeichneter Button vorhanden sein und höchstens in begründeten Ausnahmefällen zwei.

Hinter Grafiken oder Schriftzügen versteckte Schaltflächen dienen häufig als Sprungmöglichkeit zu anderen Seiten oder Seitenbereichen, zur Vergrößerung von Bildern, zum Aufruf einer Suchfunktion, um eine Animation in Bewegung zu setzen, für eine akustische Untermalung etc. Dies mag aus künstlerischer Sicht sehr gelungen scheinen, doch die Gefahr, daß diese Funktionen übersehen werden, ist sehr groß. Entweder man versteckt auf diese Art nur nebensächliche Funktionen, oder ein Text weist auf die versteckten Schalter hin (zum Beispiel: "Ein Mausklick auf eine der Komponenten führt Sie zu Detailinformationen.").

Ist das Internet-Dokument sehr verzweigt, ist die grafische Information, wo sich der Surfer gerade innerhalb des Seitenlabyrinths befindet, sehr wichtig. Ein solcher Kompaß wird jedoch fast immer vergessen. Dabei ist es für den Anwender zeitraubend und nervtötend, wenn er nur, weil er sich nicht mehr im Geflecht der Seiten zurechtfindet, auf die Hauptseite zurück muß.

Eine niveauvolle und stark themenbezogene Seitengestaltung kann den auf der "Durchreise" befindlichen Surfer regelrecht einfangen. Ein Reiseveranstalter zum Beispiel, der kein verlockendes Urlaubsbild präsentiert, oder ein Hersteller ohne visuelle Produktpräsentation braucht sich nicht zu wundern, wenn die Botschaft nicht ankommt. Die vielfältigen Möglichkeiten des Internet sollten in jedem Fall bestmöglich ausgeschöpft werden. Jeder Surfer erwartet dies, wenn er das Internet als Informationsquelle nutzt. Es ist außerdem hinlänglich bekannt, daß der Mensch zuerst visuelle und Audiobotschaften aufnimmt und gedruckte Texte erst an dritter Stelle. Hinzu kommt, daß am Monitor dargestellte Texte wegen der schlechteren Lesbarkeit selbstleuchtender Bildflächen etwa 30 Prozent langsamer wahrgenommen werden. Die meisten Anwender besitzen außerdem nur einen 14- oder 15-Zoll-Bildschirm, der Textzeichen sowieso sehr klein darstellt.

Audiovisuelle Funktionen werden in der Praxis viel zu selten oder ziellos genutzt. Visuelle Darstellungen lassen sich zum Beispiel sehr gut für die Kontaktanbahnung ein. Ansprechpartner in Unternehmen sollten nicht einfach in einer Liste erwähnt werden, sondern sich, wenn irgend möglich, mit einem sympathischen Foto vorstellen. Dadurch entsteht eine persönliche Note, die in der kalten Welt des Netzes besonders kontrastreich wirkt. Human touch kommt an. Dazu gehört im übrigen auch ein persönliches Ansprechen des Anwenders, zum Beispiel durch ein gesprochenes Begrüßungswort oder eine Ansage.

Kurze Audiobotschaften sind kein Problem

Wer seine Seiten mit wirkungsvollen audiovisuellen Effekten ausstattet, hat aber noch lange nicht alle Trümpfe ausgespielt. Kurze Audiobotschaften oder Klänge sind kein Problem. Bilder können auf einer Web-Seite aber für einige Verwirrung sorgen. Als bildschirmfüllende Hintergrundgrafik taugen sie in den seltensten Fällen. Sie wirken zu aufdringlich und vermindern die Lesbarkeit des Textes erheblich. Auch die Steuerelemente sind dann schwerer zu finden, es sei denn ein Rahmen hebt sie ab. Die Augen des Lesers werden außerdem durch Hintergrundbilder über Gebühr strapaziert.

Problematisch sind auch Grafiken und Bilder auf Steuerelementen. Sie haben den Vorteil, den Anwender über Sprachgrenzen hinweg rein visuell und deshalb sehr schnell über die Funktion des jeweiligen Buttons zu informieren. Andererseits gibt es bei nicht eindeutigen Symbolen schnell Mißverständnisse. Sind sie anschaulich genug gestaltet, kann der Vorteil der schnellen Erkennung durch die langen Ladezeiten für grafische Daten wieder zunichte gemacht werden. Dann nämlich, wenn die Ladezeit länger ist als die vom Gehirn benötigte Zeitspanne für die Entschlüsselung des Textes. Falls Buttons mit Grafiken belegt werden, müssen diese deshalb einfach gestaltet sein und dürfen nur wenig Speicherplatz beanspruchen.

In diesem Zusammenhang sind auch animierte Bildchen problematisch. Einige Spezialprogramme stellen hierzu besondere Tools bereit, mit denen sich bewegte Bildelemente im GIF-Format fürs Web produzieren lassen. Solche winkenden Hände und ähnliches erregen die Aufmerksamkeit des Lesers; das ist auch Sinn und Zweck der Sache und durchaus positiv einsetzbar. Doch leider benötigen sie jede Menge Übertragungszeit und lenken nachgewiesenermaßen vom eigentlichen Text oder anderen Bildelementen ab. Selbständig ablaufende Animationen sollten deshalb sehr klein sein, aus wenigen Einzelbildern bestehen und sorgfältig positioniert werden.

Trotz aller Wenns und Abers: Bilder transportieren Informationen schneller als Text. Wer das im Internet nutzen möchte, sollte sich Gedanken über die maximal zulässige Bildgröße machen. Umfangreiche Bilddateien benötigen für die Übermittlung wesentlich länger als reiner Text. Da die Ausstattung der meisten Internet-Surfer zu wünschen übrigläßt, entstehen dadurch lange Wartezeiten beim Seitenaufbau. Untersuchungen des Web-Experten Terry Sullivan haben ergeben, daß Aufbauzeiten bis zehn Sekunden akzeptiert werden. Danach beginnt die Toleranz der Surfer zu bröckeln. Bei jeder weiteren Sekunde kann man mit einem Schwund von etwa zwei Prozent rechnen. Demnach dürfte eine Seite, die mehr als eine Minute Aufbauzeit benötigt, praktisch von niemandem gelesen (aber im Besucherzähler gezählt) werden. 30 Sekunden gelten deshalb als oberste erträgliche Grenze für den Aufbau einer Seite. Ausnahmen sind Suchanfragen. Hier ist die Bereitschaft, länger auf das Ergebnis zu warten, größer.

Die Toleranz der Surfer wird aber auch durch ganz andere Faktoren stark strapaziert. Die vielen "in Bearbeitung" befindlichen Seiten ("Internet-Baustellen") und paßwortgeschützten Bereiche sind ebenfalls bestens dazu geeignet, einen Besucher für immer zu vergraulen.

Bei den meisten im Netz angeschlossenen Rechnern handelt es sich nach wie vor um einfache Modelle mit begrenzter Performance. Von Hochgeschwindigkeitsmodems oder gar ISDN-Modellen darf man auf keinen Fall ausgehen. Die durchschnittliche Datenübertragungsrate liegt zwischen 9600 bis 14400 Bit pro Sekunde. Hinzu kommt, daß die Übertragungsrate innerhalb des Internet stark variiert. Sie hängt vom Internet-Zugang (die Mehrzahl der deutschen Anwender nutzen T-Online, AOL oder Compuserve als Provider) und der Tageszeit ab. Unter diesen Gesichtspunkten ist mit einer durchschnittlichen Übertragungsgeschwindigkeit von etwa 1 KB/s zu rechnen. Die komplette Seite inklusive aller Bilder, Grafiken und Töne darf demnach nicht größer als 30 KB sein. Die reinen Textdatenmengen pro Seite sind gering und bewegen sich im Durchschnitt zwischen 3 und 6 KB. Den Löwenanteil bilden die Grafiken und Bilder.

Komprimierung und Qualität in Balance

Erreichbar sind kleine Bilddateien durch JPG- oder GIF-Komprimierung. Grafiken und Bilder bis 256 Farben lassen sich im GIF-Format ohne Verluste komprimieren. Ist die Internet-Seite dann immer noch zu groß, kann im Gegensatz zum JPEG-Format auch die Reduzierung der Farbtöne auf 128, 64 oder gar 32 Farben die Kompressionsrate erhöhen. Ansonsten bietet sich auch die Verkleinerung abgebildeter Grafiken an. Falls erforderlich, gibt man dem Surfer die Möglichkeit, sich die Bilder vergrößern zu lassen. Die selbstauferlegte Wartezeit nimmt der Anwender in Kauf.

Für anspruchsvollere Fotos und ähnliches mit 64000 (16 Bit) oder 16,7 Millionen Farben (24 Bit) kommt nur das JPEG-Format in Betracht. Bei einem Kompressionsfaktor von 1:30 bis 1:60 (je nach Motiv) sind die Qualitätsverluste weitgehend verschmerzbar. Grafiken mit plakativen einfarbigen Flächen kann der JPEG-Algorithmus allerdings nur in ungenügender Qualität komprimieren.

Wer die aufgeführten Ratschläge befolgt, wird damit nicht unbedingt eine Erhöhung der Besucherzahlen verzeichnen. Mit Sicherheit aber werden effektiv gestaltete Seiten wesentlich häufiger wieder besucht und ihre Botschaft vom Betrachter besser aufgenommen als die meisten Seiten, die sich zur Zeit im Internet befinden. Sich hier qualitativ abzusetzen ist sehr einfach - noch.

Eine Frage der Rentabilität

Je attraktiver eine Seite, desto lieber wird sie besucht. Kostenlose virtuelle Präsente haben im Internet eine magische Anziehungskraft. Für den Internet-Surfer ist der Aufruf einer Seite besonders interessant, wenn er ganz nebenbei auch ein außergewöhnliches Spiel, nützliche Software oder interessante Bilder- oder Grafikalben zum Download zur Verfügung gestellt bekommt (eventuell themenbezogen). Aber auch sehr ausführliche und für jeden nützliche Informationen oder ein wichtiges aktuelles Datenarchiv mit guter Suchfunktion können je nach Zielgruppe ein wahres Geschenk sein. Interessant wird eine Seite natürlich auch durch Gewinnspiele aller Art. Wichtig ist, daß die Angebote regelmäßig variieren. Der Anwender sollte nämlich immer wieder neue Anreize bekommen, die Seite zu besuchen.

Angeklickt

Die wichtigsten Kernpunkte einer erfolgreichen Internet-Site sind:

- eine klare Struktur der Leitseite,

- ein eindeutiger und transparenter Aufbau der Folgeseiten,

- leichte Steuerung und jederzeit direkter Rücksprung zur Leitseite,

- ein anspruchsvolles Design,

- schnellstmöglicher Bildaufbau (maximal 30 Sekunden) bei bestmöglicher Qualität,

- die direkte Ansprache des Besuchers,

- eine möglichst persönliche Gestaltung durch Personenfotos,

- keine "Baustellen",

- möglichst nur ein einziger, deutlich gekennzeichneter Paßwortbereich sowie

- Präsente.

Michael Funk ist freier Autor in Partenheim bei Mainz. .