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"Filmindustrie steckt im größten Umbruch seit Erfindung des Spielfilms"

Das Internet gestaltet die Zukunft des Films

14.02.2008
Von pte pte
"Die Filmindustrie steckt gerade im größten Umbruch seit der Erfindung des abendfüllenden Spielfilms. Nur wer die Veränderungen akzeptiert und mitgestaltet, kann davon profitieren. Die anderen werden zurück bleiben", beschreibt Don Tapscott, einer der Vordenker der digitalen Ökonomie die aktuelle Lage.

Wie Tapscott auf den Berlinale Keynotes des Medienboards Berlin-Brandenburg erklärte, werden sich die Formen der Produktion, Verbreitung und Vermarktung von Filmen unter dem Einfluss des Internets und dem Aufstieg der Netzgeneration dramatisch verändern. Der derzeit im Kino gängige 90-minütige Film werde von Drei-Minuten-Beiträgen, die auf Videoportalen üblich sind, als dominierendes Format größtenteils verdrängt werden. Diese werden dann nicht nur auf Laptops, sondern zunehmend auch auf kleineren Bildschirmen mobiler Geräte wie Mobiltelefonen oder Handhelds betrachtet, ist sich Tapscott sicher.

"Spiele erobern die Bildschirme, Studios gehen auf Einkaufstour in der Spieleindustrie und das Inernet ist das neue Leitmedium", erklärt Petra Müller, Geschäftsführerin des Medienboards, im Gespräch mit pressetext. Spätestens seit dem Jahr 2006 seien Web 2.0 und Games die treibenden Kräfte des medialen Umbruchs. "Diese beiden Medien erlauben den Nutzern die stärkste Interaktion und gehören heute zum Alltag der meisten Menschen", meint Müller. Für Kinos bestehe aufgrund dieser Entwicklung die große Gefahr, dass sie ihre bisherige Stellung in der Rangliste der genutzten Medien verlieren würden. "Das Kino muss hier von anderen Bereichen lernen, sich auf bestimmte Nischen konzentrieren und sich generell als Erlebnisform weiterentwickeln", fasst Müller zusammen.

Nach Auffassung Tapscotts gehöre die Zukunft vor allem animierten Filmen. Diese könnten teils direkt in virtuellen Welten wie Second Life oder mit frei verfügbaren 3D-Grafikprogrammen erstellt werden. Derartige Entwicklungen würden sich bereits heute abzeichnen und seien Ausdruck für ein generelles Überdenken des traditionellen Konzepts geistiger Eigentumsrechte im Filmsektor. Den Verkauf von Kinotickets sieht Tapscott als Einnahmequelle folglich eher am absteigenden Ast. Um überhaupt noch zu Geld zu kommen, werde der Film sich in Richtung einer Art Plakatwand für die Vermarktung von Nebenrechten entwickeln, ist der kanadische Vordenker überzeugt.

Nach der Premiere im vergangenen Jahr diskutierten auf den zweiten Berlinale Keynotes Vordenker der Film- und Medienwirtschaft über Zukunftsfragen der Filmindustrie. "Wir wünschen uns, dass sich das Festival mit den Berliner Keynotes auch für Vertreter anderer Medien weiter öffnet und sich die Veranstaltung als Forum für innovative Fragestellungen und branchenübergreifenden Austausch etabliert", erklärt Berlinale-Direktor Dieter Kosslick. (pte)