Satire

CW-Wert

06.02.1998

Mal was über uns. Wolf Schneider, Papst aller schreibend tätigen Journalisten, läßt uns wissen: Kurze Sätze könne man nicht schreiben ohne fundiertes Sach- und Fachwissen. Nach einer Abzählmechanik des Sprachlehrers Ludwig Reiners verraten Sätze mit mehr als 25 Wörtern vor allem etwas über die Inkompetenz des Autors.

Prompt dräut die Sinnkrise. Ausgerüstet mit Reiners Sprach-Urmeter kann der CW-Leser sich fortan leicht ein Bild von der fachlichen Qualität seines Leib- und Magenblattes machen. Nicht lesen, nur zählen. Das macht Spaß, das kommt an. Rezipieren Sie mal unter diesem Aspekt Thomas Mann! Abgründe. Ich sage nur: Abgründe.

Nun ist es ja richtig, daß, wer kritisiert, auch kritikfähig sein soll. Insofern stellen wir uns gern Ihrer Beurteilung. Wollen trotzdem an dieser Stelle den Verweis auf eine sozusagen systemimmanente Problematik wagen: Umschreiben Sie mal in zehn Worten die Tatsache, daß ein Konsortium namens "Universal Asymmetric Digital Subscriber Line Working Group" mit der International Telecommunications Union zusammenarbeiten will. Wieviel einfacher ist es da, zu der fundierten Aussage zu gelangen: Clinton hat Sex mit Monica und stimmt Aussagen ab. Neun Worte! Höchste Kompetenz des Redakteurs.

Tja, so ist das. Über Standards in der Unterhose läßt sich eben sachverständiger schreiben als etwa über die Trennung von Telefon- und Breitbandsignalen mittels einer Frequenzweiche alias POTS-Splitter. Gott sei Dank wissen wir aber auch, daß unsere Leser sich viel mehr für ADSL, HDSL und XDSL interessieren.