Satire

CW-Wert

23.06.2000

Irgendwie ist das ein Scheiß-Wochenanfang. Noch sind wir nicht genesen von der Demütigung, die Albions stolze Söhne den matten teutonischen Recken in Charleroi beigebracht haben. So altherrengerecht kickte sich Deutschlands Elite aus dem Konzert der mächtigen Fußballnationen, dass selbst das neue Computersystem des öffentlich-rechtlichen Fernsehens keine Lust mehr hatte, gefährliche Situationen vor dem Gehäuse von Oldie Seaman ausfindig zu machen und durch digitale Hilfseinblendungen zu illustrieren. Dabei ist es ja doch für uns Couch Potatoes immer wieder wahnsinnig interessant, per computergenerierter Anzeige zu erfahren, dass das ruhende Leder nicht 30, sondern nur noch 28,5 Meter vom gegnerischen Tor entfernt einem Strafstoß von Carsten-ich-bin-die-Glatze-der-Nation-Jancker entgegenfiebert. Im computergetriebenen Infotainment-Zeitalter sind solche Zusatzinformationen schließlich Gold wert.

Am Samstagabend aber war leider nur eine einzige Frage brisant: Wie nämlich lässt sich in einer der Münchner Freiluft-In-Locations der Bussi-Gesellschaft zum Kick-Event ein Sitzplatz ergattern? Dass man sich schließlich die Füße platt stehen musste, um Deutschlands bemühte Ballsportathleten den Rasen umpflügen zu sehen, verringerte die Depressionen auch nicht gerade.

Nach Shearers historischem Kopfstoß und der dritten Maß Bier überrollte uns schicksalsschwer die Erkenntnis, das hierzulande gar nichts mehr läuft: fußballtechnisch nur noch Entwicklungsland, computertechnisch angewiesen auf die Hilfe von Schwellenländern - mein Gott, wo leben wir eigentlich? Und das am Wochenanfang.