Technik macht Fortschritte

Brennstoffzellen werden mobil

23.04.2008
Von Handelsblatt 
Energiekrise, Klimawandel und Feinstaubdiskussion - die Zeit ist überreif für neue saubere Energieträger. Bisher enttäuschte der Hoffnungsträger Nummer eins, die Brennstoffzelle. Zu teuer, zu unausgereift, zu wenig praktikabel. Neue Techniken helfen dem mobilen Speicher aber zumindest in kleineren Anwendungen.

"Das Tief ist überwunden. Seit zwei, drei Jahren wird wieder stärker in die Speichertechnik investiert", sagt Ulf Groos, Projektleiter für Wasserstofftechnologie am Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE in Freiburg. Vor allem portable Brennstoffzellen für Nischenanwendungen seien Treiber auf dem Weg zu massenmarkttauglichen Lösungen.

Typisch dafür ist der tragbare Brennstoffzellen-Stromgenerator "HydroPak", den das junge Unternehmen Horizon Fuel Cell Technologies aus Singapur erstmals auf der Hannover Messe zeigt. Der Generator wiegt gut zwei Kilo und arbeitet mit einer Wasserstoffkartusche. Ein 230-Volt-Anschluss und zwei USB-Anschlüsse sorgen dafür, dass tragbare Kleingeräte bis zu 14 Stunden betrieben werden können. "Wir haben vor drei Jahren angefangen, die Technik in reale Produkte wie Spielzeuge und Lernmitteln zu bringen, um zu zeigen, dass sie alltagstauglich ist", sagt Taras Wankewycz, Mitgründer und Vizechef von Horizon.

Innerhalb der kommenden beiden Jahre sollen die Zellen in rascher Folge in anderen Bereichen eingesetzt werden, unter anderem in der Luftfahrt. "Sowie etablierte Unternehmen beginnen, Brennstoffzellen in Alltagsprodukten zu verwenden, kommt Bewegung in den Markt", sagt Wankewycz. Und er verspricht, dass die Produkte günstig sein werden. Wie die nun vorgestellte Alternative zu Batterien oder lärmenden Diesel-Generatoren, die ab November erhältlich sein wird: Der HydroPak soll netto 400 Euro kosten und die Wasserstoffkartusche 20 Euro. Horizon wird bei allen weiteren Produkten, wie Antrieben für elektrische Fahrräder und Kleinfahrzeuge, auf Wasserstoff setzen.

Die Alternative sind Direktmethanol-Brennstoffzellen (DMFC), die laut Ulf Groos im Consumerbereich derzeit bevorzugt werden. "Methanol hat den Vorteil, dass es als Flüssigkeit leichter zu handhaben und zu transportieren ist als flüchtiger Wasserstoff", erklärt er. "Bei Industrieanwendungen werden momentan eher Wasserstoffzellen eingesetzt. Daher halte ich beide Technologien für gleichberechtigt", sagt der Experte. Ob sich einer der Ansätze durchsetzt wird, werde sich erst in einigen Jahren abzeichnen.

Allein schon bei Fahrrädern finden sich derzeit beide Varianten. So setzt Masterflex bei seinen Cargobikes, die bereits von der Telekom eingesetzt werden, auf Wasserstoff. Befüllt wird das System mit Austauschkartuschen, die vom Gaslieferanten bezogen werden können. Mit 90 Gramm Wasserstoff kommen die Räder bis zu 250 Kilometer weit. Auf der Hannover Messe wird Masterflex erstmals sein patentiertes Sicherheitssystem zeigen, bei dem komplett mit Unterdruck gearbeitet wird, so dass bei Leckagen allenfalls Luft von außen in das System eindringt, nicht aber Wasserstoff entweicht.

Auf Methanol setzt hingegen Smart Fuel Cell (SFC) aus Brunnthal, die seit fast vier Jahren Brennstoffzellen an Industrie- und Privatkunden liefern. Vor allem Reisemobile werden so mit Strom versorgt. Mehr als 4000 Brennstoffzellen wurden bisher allein in diesem Bereich verkauft. Eine Zelle mittlerer Größe, die 900 Wattstunden pro Tag leistet, kostet 2599 Euro. Eine Tankpatrone mit zehn Litern Methanol versorgt ein Reisemobil bis zu vier Wochen mit Strom.

SFC stattet überdies Fahrräder des holländischen Herstellers van Raam und die CityCruiser Velotaxis des deutschen Anbieters Veloform mit Brennstoffzellen aus, die die Batterien netzunabhängig auch während der Fahrt aufladen. Auf der Messe zeigt die Firma erstmals einen Elektroroller, dessen Batterie unterwegs von einer Brennstoffzelle aufgeladen wird, die im Gepäckfach untergebracht wird. Mit einer Methanolkartusche soll der Roller 500 Kilometer weit fahren können.

Damit Brennstoffzellen künftig auch Handys, Laptops und PDAs mit Strom versorgen können, entwickeln ISE-Forscher noch kleinere Geräte. Sie zeigen auf der Messe eine Mikrobrennstoffzelle, die in Spritzgusstechnik gefertigt wird. Damit hoffen die Forscher die kleinen Systeme bald auch in Serie produzieren zu können. Bevor die Geräte in drei bis fünf Jahren marktreif seien, müssten die Entwickler aber noch ein paar Probleme lösen, so Groos.