IT in der Prozessindustrie/Kommentar

Börsenfieberschub

19.05.2000

Perestroika" bezeichnete in der historischen Entwicklung beziehungsweise Abwicklung der Sowjetunion einen Endpunkt, aber auch einen Neuanfang. Dort bezeichnete sie einen top-down angestoßenen Prozess der Erneuerung, der indes in den eigenen Reihen durchaus auf heftigen Widerstand traf. Kein Wunder: Ging es doch um angestammte Pfründen und nicht hinterfragte Machtpositionen.

Kontinuierliche Erneuerungsprozesse sind in Staaten wie in Unternehmen eigentlich immer angesagt, Push-and-Pull-Verfahren sozusagen mit Open-End.

In der Prozessindustrie nun deutet sich eine solche Peres-troika-Phase an. Bisher oft noch schwerfällige Entscheidungsprozesse - sei es in der Einkaufsabteilung für Rohstoffe, sei es in den Chefetagen - vollziehen sich neuerdings schnell und in ei-nem wesentlich transparenteren Business-Umfeld, das ans Börsengeschäft mit Aktien, Optionen etc. erinnert. In aller Stille hat sich wohl mit Unterstützung der Geschäftsleitungen, ausgehend von den Einkaufsabtei-lungen, ein unternehmenskul-tureller Wandel vollzogen, der gar nicht hoch genug einzuschätzen ist.

E-Commerce, genauer E-Procurement, hat offenbar einen Siegeszug in dieser Industrie angetreten. Business-to-Business-Plattformen haben eine Eigen-dynamik entwickelt, die vor Jahresfrist Analysten zwar vorher-gesagt hatten, die aber unter dem Label "Euphorie" zunächst nur wenig wahrscheinlich erschien.

Nun zeigt sich - analog zum Börsenspiegel - dass die Chemiebranche durchaus noch zu Höhenflügen taugt. Online-Ordervolumina in Milliarden Euro dürften schon bald keine Seltenheit mehr sein und damit auch entsprechende Einsparungen, die der Transparenz und Schnelligkeit der elektronischen Märkte zu danken sind.bi