Start des bundesweiten Polizeisystems verzögert sich

BKA wartet auf Software

20.04.2001
MÜNCHEN (qua) - Seit dem 15. April können die Polizeien der Bundesländer die Fahndungssoftware "Inpol-neu" nutzen - zumindest einige von ihnen, und die auch nur theoretisch. Praktisch ist das System, mit dem das Bundeskriminalamt (BKA) die Arbeit der Landesämter koordinieren will, derzeit nicht einsatzfähig.

"Der Termin war ein politischer, und als solcher wurde er gehalten", konstatiert Klaus Jansen, Landesvorsitzender des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK) im BKA. Nach offizieller Lesart werden das bundesweite Fahndungssystem "Inpol-aktuell" und sein dezentral organisierter Nachfolger Inpol-neu seit Ostersonntag in "ausgewählten Landesdienststellen" parallel betrieben. Allerdings heißt der zunächst angekündigte "Wirkbetrieb" mittlerweile nur noch "Probebetrieb".

De facto nutzen alle Landespolizeien noch das alte System. "Wir würden Inpol-neu gern verwenden, wenn es nur funktionieren würde", heißt es beispielsweise im IT-Bereich des Landeskriminalamts Hamburg. Wie der dortige Projektleiter Jörg Unger bestätigt, war die Verbindung zwischen dem eigenen Datenhaltungssystem und der BKA-Datenbank nur kurzzeitig stabil. Und der Fehler liege nachweislich auf Seiten der Inpol-neu-Schnittstelle.

Die Landeskriminalämter in Hamburg und Sachsen haben entschieden, ihre Datenhaltungs- und Vorgangsbearbeitungssysteme direkt an diese Schnittstelle anzupassen; Hessen wird vermutlich zum Ende dieses Jahres die Hamburger Lösung übernehmen. Die anderen Länder warten auf eine ihren Bedürfnissen entsprechende Version der vom BKA eingeführten Zugangssoftware "Agil" (siehe CW 2/01, Seite 5: "Lahme Länder gefährden Start des neuen Polizeisystems").

Die Anfänge von Inpol-neu gehen auf das Jahr 1992 zurück. Ziel des Vorhabens war es, die Fahndungsdaten der Landespolizeien, soweit bundesweit relevant, direkt aus deren Vorgangsbearbeitung in einen gemeinsamen Datentopf zu übernehmen und von jedem Polizei-PC aus recherchierbar zu machen. Erschwert wird diese Aufgabe dadurch, dass die Länder größtenteils noch nicht über ein Workflow-System verfügen, dafür aber mehr als ein Dutzend unterschiedliche Datenhaltungssysteme aufgebaut haben.

Am 15. Oktober des laufenden Jahres sollte das in den 70er Jahren entstandene Inpol-aktuell durch die neue Software abgelöst werden. Doch dieser Termin wird sich kaum halten lassen. Wie BKA-Pressesprecher Jürgen Stoltenow einräumt, will sich die Innenminister-Konferenz Anfang Mai auf einen neuen Zeitplan festlegen.

Hausgemachte ProblemeNeben Geld- und Personalmangel lässt sich die Verzögerung auch auf hausgemachte Probleme zurückführen. Die Softwareprojekte der Länder hätten wohl von vornherein besser koordiniert werden müssen. Jedoch stehe nicht nur der Föderalismus, sondern auch der lange Instanzenweg einer effektiven Projektleitung entgegen, klagt Jansen als Interessenvertreter der Polizeibeamten. Ärgerlich sei die Situation vor allem für die Länder, die ihre Inpol-Hausaufgaben erledigt hätten: Sie müssten jetzt die Kosten für einen verlängerten Parallelbetrieb beider Systeme tragen.

Doch im Hinblick auf die Einführung der europäischen Einheitswährung sei es möglicherweise ohnehin besser, das neue System noch "ein halbes oder ein ganzes Jahr" auf Eis zu legen, resümiert der BDK-Sprecher. Im Zusammenhang mit dem Währungswechsel erwarte er einen erhöhten Fahndungsaufwand. Dem sei das veraltete, aber funktionsfähige Inpol-aktuell eher gewachsen als die "ziemlich grüne Banane" Inpol-neu, die vor der Euro-Einführung wohl kaum reif werde.