Verdienen an OEM-Kunden

Big Blue will Intel-CPU-Clone zu einem Nebengeschäft ausbauen

01.05.1992

CHIKAGO (IDG) - Auf der Suche nach neuen, lohnenswerten Pfründen ist die IBM auf das eigene Entwicklungs-Know-how gestoßen und möchte dieses nun vermarkten.

Hierzu will man OEMs akquirieren, die Produkte der IBM in Lizenz nehmen wollen. Auch der von Big Blue gefertigte Intel-CPU-Clone "386SLC" gehört zu den Technologien, die die Armonker nun offenlegen wollen.

Noch im März 1992 hatten hohe IBM-Manager betont, daß die Big-Blue-Weiterentwicklung des Intel-Prozessors 386SX - der 386SLC-Clone soll gegenüber dem Intel-Original einen Leistungsvorteil von bis zu 80 Prozent besitzen - alleiniges Eigentum der blauen Company bleibe.

Auf der Frühjahrs-Comdex in Chikago hörte sich die diesbezügliche Aussage der IBM nun ganz anders an: Danach will Big Blue jetzt Lizenzen sowohl für die Prozessorboards mit dem SLC-Chip als auch für ein komplettes "Ultimedia-M57-SLC"-Rechnersystem vergeben.

Auch die IBM-Rechner der Modelle 35SX und LS sowie Modell 40SX und die auf dem 486-Intel-Prozessor basierenden Modelle 90 und 95 würde Big Blue gerne unter anderer Flagge laufen sehen. Außerdem scheinen die Technologien für DRAM-Speicher-Bausteine und für Festplattenlaufwerke für die OEM-Pläne nicht mehr tabu zu sein.

Allerdings dürfte sich für die IBM nun rächen, daß sie mit der Einführung des proprietären Mikrokanal-Bussystems im Jahr 1987 die Anzahl potentieller OEMs selbst beschränkt hat.

Zudem würde es die IBM nach Aussagen ihres für das OEM-Programm der PS/2-Rechner verantwortlichen Managers, Wiley Mock, ungern sehen, wenn zukünftige OEMs IBM-Produkte billiger anbieten als Big Blue selbst.

Bruce Lupatkin, Analyst der Marktforschungsfirma Hambrecht & Quist in San Franzisko, vertritt deshalb die Ansicht, ein mit solchen Vorgaben befrachtetes OEM-Angebot sei nur noch für solche PC-Hersteller interessant, die sich vor allem auf die Distribution von PC-Systemen und weniger auf deren Entwicklung kaprizieren. Potentielle IBM-OEMs sieht er des halb nur in Mail-Order-Unternehmen, und er schließt mit der Einsicht: "IBM könnte mit ihrer neuen Strategie Erfolg haben, wenn die Preise attraktiv und aggressiv gestaltet würden. Aber Big Blue ist nicht gerade dafür bekannt, aggressive Preise zu machen."