Anwenderfreuden

23.03.1990

Es ist schick geworden, Hard- und Software als anwenderfreundlich zu loben. Lange vorbei sind die Zeiten, als die "black box" an sich schon einen Wert und damit eine bemerkenswerte Errungenschaft darstelle, die darüber hinaus den Benutzer so nebenbei in den Rang des technologisch versierten Avantgardisten katapultierte.

Nachrückende Anwendergenerationen brechen nicht mehr in die DV-Wildnis auf wie noch fünf, sechs Jahre zuvor die PC-Pioniere. Aufbruchsromantizismen stoßen bei ihnen auf wenig Verständnis. Ignorant fordern sie, die Bedienung eines Computers solle ihnen gefälligst nicht mehr Probleme schaffen, als sie vorher auch hatten.

Wer sich mit mehr oder weniger bequem zu handhabenden Makrofunktionen in den Applikationen nicht mehr abplagen mag, sich auch nicht mehr durch tiefgestaffelte Menüs hangeln will, der greift zur "intelligenten" Maus.

Die kommt entweder als Paketbündel mit Grafiktablett und Befehls-Tableaus und gibt vor, zu bieten, was SAA noch nicht bringt : die durchgängige, die transparente Benutzeroberfläche. Wer "Exit" anklickt, kriegt auch seinen Exit - egal in welcher Software oder Menüstruktur. Oder als Monstermaus mit 40 Tasten. Das sind zwar nicht mal halb so viele wie bei einer AT-Tastatur, aber jene soll ja auch dieser nur zuarbeiten : value-added sozusagen. Natürlich kann man die "intelligenten" Eingabe-Ungeheuer auch programmieren, um deren Funktionsumfang noch weiter zu erhöhen. Abgesehen davon, daß sie wohl so manchen Nervenzusammenbruch provozieren, kann man die avantgardistische Schnittstelle Mensch-Maschine möglicherweise tatsächlich als

menschen-, vielleicht sogar anwenderfreundlich bezeichnen. jm