Schneller, interaktiver Zugriff auf zentrale Datenbanken

Analysten rechnen mit einem Boom bei den OLTP-Systemen

07.12.1990

FRAMINGHAM (IDG) - Der Markt für Online-Transaction-Processing-Systeme (OLTP) gerät in Bewegung. Viele Hersteller bieten bereits in großem Maßstab OLTP-Umgebungen an, andere steigen ein oder werben mit entsprechenden Ergänzungen für ihre Produkte. Anwender schätzen OLTP wegen des erheblich schnelleren Zugriffs auf Informationen als bei herkömmlichen Systemkonzepten. Trotz einiger Einschränkungen bildet Unix eine solide Basis für OLTP Anwendungen.

Eine Marktstudie der Gartner Group kam jetzt zu dem Ergebnis, daß OLTP das DV-Marktsegment mit den höchsten Wachstumsraten sei. Allein das Marktvolumen für Hardware und Systemsoftware soll demnach von 35 Milliarden Dollar im Jahre 1989 auf 72 Milliarden Dollar bis 19944 wachsen. Als Gründe sieht die Gartner Group den verstärkten Anwenderwunsch nach schnellstmöglichem Zugriff auf aktuellste Informationen

Dabei ist OLTP nicht einmal eine echte Neuigkeit. Es ist eine Weiterentwicklung des Mainframe-Transaction-Managers "CICS", den die IBM seit den 60er Jahren ausliefert. Mit 40 000 installierten Systemen ist CICS auch bis heute das OLTP-System mit der größten Verbreitung. Bei der herkömmlichen Abfragetechnik greifen die Terminals auf eine online vorhandene Datenbasis zu Demgegenüber setzt OLTP eine echte Datenbank voraus die von den angeschlossenen Terminals in kürzester Zeit abgefragt und ergänzt werden kann.

Klassische OLTP-Systeme sind seit den 60er Jahren die Flugreservierungscomputer und die in den 70er und 80er Jahren entwickelten DV-gestützten Bank- und Finanzsysteme. Im Gegensatz zum proprietären Vorbild CICS ist das moderne OLTP aber auch auf kleineren Systemplattformen und offenen Systemen verfügbar. Zahlreiche AnaIysten und auch Hersteller sehen darin die große Zukunft des klassischen Minicomputers, da solche Systeme sich immer mehr zur idealen Basis für OLTP-Anwendungen herauskristallisieren.

So bieten unter anderem Digital Equipment, Hewlett-Packard, AT&T, Sequent, Sequoia, Tandem und Stratus OLTP-Lösungen für Midrange-Rechner an. Sie alle werben mehr oder weniger unverhohlen damit, daß hier echte Mainframeleistung auf wesentlich preisgünstigeren Systemen ermöglicht wird.

Im Gegenzug erklärte die IBM im September in einem "Statement of Direction", daß man CICS auch unter dem hauseigenen Unix-Derivat AIX verfügbar machen wolle. Marktkenner rechnen außerdem damit, daß Big Blue CICS auch unter OS/2 und für die AS/400 anbieten wird. Daten hat der Marktführer aber noch nicht genannt.

Inzwischen wenden sich besonders in den USA immer mehr Anwender auch tatsächlich von den Mainframes ab und setzen auf OLTP-Lösungen. So ersetzte erst kürzlich die Hotelkette Hyatt ihren IBM-Mainframe durch vier AT&T-Prozessoren, die unter Unix laufen. Über dieses OLTP-System läuft jetzt das Reservierungssystem der Hotelkette.

Unix als Basis für OLTP ist aber nicht ohne Probleme. Dazu zählt unter anderem, daß da Betriebssystem von Haus aus nicht für transaktionsorientierte Berechnungen ausgerüstet ist, die Netzwerkprotokolle die benötigte Datenflut nicht bewältigen, es nicht auf gleichzeitigen, interaktiven Zugriff vieler Terminals ausgerichtet ist und in erster Linie als Timesharing-System ausgelegt ist. Aber alle diese Nachteile können nach Ansicht von US-Analytsten den Siegeszug von Unix auch im OLTP-Bereich nicht verhindern, denn es bietet eine Standard-Systemplatform und die Portabilität offener Systeme.