Rechnet sich RFID nur für den Handel?

18.05.2004
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Karin Quack arbeitet als freie Autorin und Editorial Consultant vor allem zu IT-strategischen und Innovations-Themen. Zuvor war sie viele Jahre lang in leitender redaktioneller Position bei der COMPUTERWOCHE tätig.

Kürzere Warteschlangen

Im Prinzip ähnlich funktioniert die RFID-Lösung der Hauptbücherei in Wien. Nach dem 2001 erfolgten Umzug an den Urban-Loritz-Platz wurde jedes der 300 000 Medien mit einem "Smart Tag" gekennzeichnet. So versetzte die Bücherei ihre registrierten Nutzer in die Lage, die Ausleihvorgänge selbst zu verbuchen, indem sie ein RFID-Portal passieren. 45 Prozent machen von dieser Möglichkeit Gebrauch, freut sich der Bibliotheksleiter Christian Jahl.

Für die Erstausstattung hat die Wiener Hauptbücherei rund 675000 Euro ausgegeben. Die Motivation für diesen Investitionsaufwand sei nur "zu etwa 20 Prozent" der Diebstahlschutz gewesen, beteuerte der Bücherei-Chef. Im Vordergrund habe vielmehr die Absicht gestanden, den Verbuchungsvorgang zu beschleunigen und Warteschlangen zu vermeiden.

Jahrelange Doppelbelastung

Besser als bei den Herstellern bewerten die Marktforscher von Soreon Research die Erfolgsaussichten für die Logistikdienstleister. Ihr Anwendungsbeispiel "Distributionszentrum" erzielte nach dem gegenwärtigen Stand der Chipkosten einen nur leicht negativen RoI von vier Prozent. Trotzdem mochte Christian Polscher, Marketing-Leiter bei DHL Solutions, nicht in die allgemeine RFID-Euphorie einstimmen. Als Spezialist für "Fast Moving Consumer Goods" ist DHL Solutions beispielsweise in die RFID-Tests von Metro sowie Johnson & Johnson involviert, und in technischer Hinsicht erwies sich der Transponder-Einsatz bei der Paletten-Kennzeichnung als voller Erfolg.

Doch Polscher sieht zumindest in den kommenden sechs Jahren keine Möglichkeit, die Ablösung der als "innovationssicher" eingeführten "Europäischen Artikelnummer" (EAN 128) durchzusetzen. Für die Spediteure bedeute das - abgesehen von den ohnehin hohen RFID-Investitionen - einen jahrelangen Doppelaufwand.