Linux: Vom Hype zur Anwendungsrealität

07.02.2002
Von 
Ludger Schmitz war freiberuflicher IT-Journalist in Kelheim. Er ist spezialisiert auf Open Source und neue Open-Initiativen.

Fiorina nutzte die Gelegenheit für eine umfangreiche Linux-Erklärung. Künftig werde HP Portierungs- und Migrations-Dienstleistungen, Sicherheitsservices und das Outsourcing-Angebot auch für das quelloffene Betriebssystem offerieren. Für Service-Provider mit Linux auf HP-Rechnern wird ein Kostenmodell eingeführt, das sich nicht an der Zahl der Prozessoren, sondern an deren tatsächlicher Nutzung ("pay per use") orientiert. Die Entwicklungsplattform "Opencall SS7" wird auch in einer Linux-Version erscheinen.

HPs dritte Plattform

Die HP-Chefin wies darauf hin, dass es diese Angebote bisher für das hauseigene Unix-Derivat HP-UX und für Windows gegeben habe. Sie möchte damit klarstellen, dass Linux für ihr Unternehmen endgültig das dritte gleichberechtigte strategische Betriebssystem sei. Die klare Ausrichtung begründete Fiorina so: "In einer Reihe von Märkten zieht Linux eindeutig Kunden an, die diese Technologie annehmen, um größere Produktivität, bessere Effizienz und geringere Kosten zu erzielen."

An HP-Großkunden, die Linux verwenden, zählte Fiorina unter anderem Amazon, BMW, Boeing, die brasilianische Tochter der Bank HSBC, Speedera und Via West auf. Ein neuer Linux-Großauftrag kommt von der auf digitale Filmanimationen spezialisierten Dreamworks SKG ("Shrek"). Einen ähnlichen Auftrag meldete IBM von Pixar ("Monsters Inc."), wo Linux-Rechner von IBM Unix-Systeme von SGI ersetzen.

HP-Chefin Fiorina ließ die Gelegenheit nicht ungenutzt, die geplante Fusion mit Compaq zu verteidigen: "Diese Kombination ist gut für Linux." Unter einem Dach habe man ein "unschlagbares Forschungs- und Entwicklungsteam", das zum Reifungsprozess von Linux beitragen werde. Wohl auch begründet in der eigenen Geschichte und in der von Compaq, glaubt HP im Unterschied zu IBM allerdings nicht an eine Zukunft von Linux in proprietären Hardwareumgebungen, sondern propagiert den Quasistandard der Intel-Prozessorlinien Pentium und Itanium.

Compaq präsentierte in New York gemeinsam mit Sendmail ein Komplettangebot für Unternehmen mit hohem Mail-Traffic und für Service-Provider. Für Linux-basierende "Proliant"-Server gibt es die Sendmail-Produkte "Mailstream Manager" und "Integrated Mail Suite". Sun bringt eine neue Linux-Version des "Iplanet Application Server" und will aufgrund hoher Nachfrage aus dem eigenen Kundenkreis den Linux-Support für "Iplanet Web Server", "Iplanet Message Queue" und "Forte-for-Java"-Tools verbessern.