Linux: Vom Hype zur Anwendungsrealität

07.02.2002
Von 
Ludger Schmitz war freiberuflicher IT-Journalist in Kelheim. Er ist spezialisiert auf Open Source und neue Open-Initiativen.
MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Die Winterausgabe der US-Kongressmesse Linuxworld bestätigte Vorhersagen, dass etablierte IT-Unternehmen zunehmend auf Linux setzen werden. Das quelloffene Betriebssystem findet immer mehr Verwendung für unternehmenskritische Anwendungen.

IBMs starkes Engagement für Linux zeitigt Folgen. Das Eis ist gebrochen, das Vertrauen der Anwender und ihre Nachfrage nach Linux-Systemen und -Anwendungen wachsen. Big Blue hat inzwischen 2500 Kunden, die das quelloffene Betriebssystem verwenden. Prompt stellen sich andere DV-Anbieter auf die veränderte Marktsituation ein und bieten immer mehr Produkte für das junge Betriebssystem an.

"Jahrzehntelang hat das proprietäre Modell die Computerindustrie bestimmt. Das ist passé, und jene, die das nicht verstehen, sind auf der falschen Seite der Geschichte", erklärte Bill Zeitler, die Server-Group leitender Vice President von IBM, in seiner Rede auf der Linuxworld. "Linux hat eine der einschneidendsten strategischen Überlegungen bei IBM erzwungen", bekannte Zeitler. "Es hat unser Server-Geschäft komplett verändert."

Wiederbelebung der Mainframes

Gegen den Linux-Kurs habe es Widerstände in der Mainframe-Group von IBM gegeben, erklärte Zeitler. Seit 1989 habe man ein unentwegt sinkendes Großrechnergeschäft erlebt. Seit der Portierung von Linux auf die S/390 registriere IBM nun fünf Quartale in Folge wieder ein Wachstum der Mainframe-Absätze. Zeitler erwartet, dass die Nachfrage nach Linux im Highend-Computing auch weiterhin steigt. Das hat IBM ermutigt, pünktlich zur Linuxworld die ersten Z-Series-Mainframes nebst einem I-Series-Server (vormals AS/400) anzukündigen, die es nur mit Linux als Betriebssystem geben wird.

Zeitler sieht Linux im Zentrum der künftigen Internet-Nutzung für Grid-Computing. Dieser unmittelbare Zusammenschluss von Rechner-Ressourcen setze offene Systeme und Standards voraus. Dem großen Konkurrenten steht Hewlett-Packard - lange Zeit die unauffällige "Treibermaus" der Linux-Szene - inzwischen nicht nach. Auch HP kündigte drei speziell auf Linux ausgelegte Systeme an. Doch damit ließ man es nicht bewenden und flog Firmenchefin Carleton Fiorina zu einer Keynote-Rede nach New York ein.