Gratis-Wine statt teurem Windows

21.01.2002
Von 
Ludger Schmitz war freiberuflicher IT-Journalist in Kelheim. Er ist spezialisiert auf Open Source und neue Open-Initiativen.

Codeweavers, ein auf Services, Beratung und Portierung für Wine spezialisiertes Unternehmen, führt in einer Anwendungsdatenbank 428 Windows-Programme auf, die mit Wine auf Linux getestet wurden. Nicht alle von ihnen sind lauffähig, bei vielen traten zum Teil gravierende Probleme auf. Spitzenreiter ist die Kategorie "Games" mit 144 Einträgen, darunter wohl sämtliche der beliebtesten PC-Spiele aller Zeiten.

Das heißt allerdings nicht, dass Wine nur etwas für verspielte Linux-Privatanwender ist. Bei der Mehrzahl der aufgeführten Anwendungen handelt es sich um - zumindest auch - für Unternehmen interessante Programme. Dazu gehören wichtige Office-Pakete, Multimedia-Software, wissenschaftliche Anwendungen, Programmier-Tools und Utilities sowie Netz- und Kommunikationssysteme.

Anwender sollten erst einmal testen "So ist das eben in einem Open-Source-Projekt", erklärt Julliard, "jeder konzentriert sich auf die Anwendungen, die er verwenden möchte." Entwicklungsdirektiven gibt er nicht. "In der Windows-Welt wichtige Anwendungen wie Microsofts Office haben für uns nicht unbedingt den gleichen Stellenwert, weil es dazu hinreichende Open-Source-Alternativen gibt. Bestimmte Spiele können interessanter sein."

Gleichwohl vollzieht sich die Weiterentwicklung von Wine nicht ganz spontan. Das liegt insbesondere an der Firma Codeweavers, die sich mit ihrem Angebot an Firmenkunden richtet. Sie ist Entwickler oder Initiator von Wine-Anpassungen für bestimmte Anwendungen, die Unternehmen brauchen. Und sie beschäftigt einige Mitglieder aus dem Core-Team des Wine-Projekts, darunter auch Julliard.

Anwender sollten jedoch nicht davon ausgehen, dass Windows-Programme - selbst getestete - in jedem Fall problemlos unter Linux laufen, geschweige denn, über Codeweavers und die Projektbeteiligten jederzeit Hilfe zu bekommen. Julliard warnt: "Man muss die Anwendungen jeweils - und auch im Zusammenspiel mit anderen - testen und im Problemfall Fehler in Wine beheben."

Die IT-Spezialisten in Unternehmen könnten also unter Umständen vor erheblichem Programmieraufwand stehen. Und sie dürfen dabei nicht mit Support von den Herstellern der Windows-Programme rechnen. Deren Leistungen beschränken sich nämlich ausschließlich auf Probleme, die in Windows-Umgebungen auftreten.