Ein Monument wackelt

Die Windows-Ära geht zu Ende

15.12.2008
Von 
Wolfgang Sommergut ist Betreiber der Online-Publikation WindowsPro.

4. Herausforderung: Virtualisierung ändert Spielregeln

Während Parallelsysteme wie Splashtop oder Hyperspace auf dem Client neue Nutzungsoptionen eröffnen, verfolgen Ansätze zur Desktop-Virtualisierung weitergehende Ambitionen. Die Konzepte für virtuelle Desktops (Virtual Desktop Infrastructure = VDI) konzentrieren sich vor allem darauf, den Windows-Client inklusive der darauf ausgeführten Anwendungen in virtuelle Maschinen (VM) auf dem Server zu verlagern.

Dort hat es Windows nur mehr mit einer virtuellen Hardware zu tun, die vom Hypervisor zur Verfügung gestellt wird. Dieser legt sich als Schicht zwischen das blanke Eisen und das Betriebssystem und übernimmt dort die Kontrolle der physischen Hardware. Einen solchen Ansatz verfolgt besonders VMware mit ESX, während Microsofts Hyper-V auf die Treiber des in der Verwaltungspartition installierten Windows Server angewiesen ist.

Die Virtualisierungssoftware muss dem Betriebssystem keineswegs die in der Server-Hardware tatsächlich installierten Komponenten zugänglich machen. Vielmehr kann sie dem OS weit verbreitete Hardwarebausteine vorspiegeln, für die auch Linux oder FreeBSD Treiber mitbringen.

Damit droht Microsoft eine wesentliche Stärke seines dominierenden Systems verloren zu gehen. Bisher entwickelten alle Hersteller von PCs und Peripheriegeräten grundsätzlich Treiber für Windows, während weniger verbreitete Betriebssysteme stets benachteiligt waren.

Die Virtualisierung der Hardware wird sich nicht auf Server-gestützte VDI-Lösungen beschränken. VMware kündigte auf der diesjährigen VMworld eine Initiative namens "vClient" an. In deren Rahmen soll ein Typ-1-Hypervisor für den Client entstehen, der direkt auf der Hardware aufsetzt. Ziel dieses Vorhabens ist eine übergreifende Plattform, auf der Desktops zentral verwaltet und dynamisch verschoben werden können, unabhängig davon, auf welchem Server oder Arbeitsplatz-PC sie gerade laufen.

Derzeit lässt sich noch nicht abschätzen, ob VMware mit seinem ehrgeizigen Vorhaben Erfolg haben wird. Allerdings zeichnet sich ab, dass ein Hypervisor in absehbarer Zeit zur Standardausstattung eines PC gehören wird, nachdem dies bei Servern schon die Regel ist. Falls sich die PC-Hersteller für diese Aufgabe zuständig fühlen, können sie in Zukunft möglicherweise auch eine Open-Source-Implementierung aus dem "Xen Client Initiative Project" integrieren. In jedem Fall würde sich dadurch die Verteilung des Betriebssystems auf die Endgeräte deutlich vereinfachen, und Windows würde an Bedeutung verlieren.

Entgegen diversen Spekulationen, wonach Microsoft Hyper-V auf den Client portieren und mit Windows 7 ausliefern könnte, hat das Unternehmen dazu noch keine Pläne bekannt gegeben. Das für Windows 7 angekündigte Feature "VHD Boot" erlaubt es, von einem Systemabbild im VHD-Format sowohl physikalische als auch virtuelle Rechner zu starten. Es könnte als Alternative zum Client-Hypervisor betrachtet werden, die aber mit einer heterogenen Hardwareausstattung einige Schwierigkeiten haben dürfte.