Cisco Systems will sich neu erfinden

10.04.2002

CW: Ist das nicht Wunschdenken? Schließlich strapaziert man bei Cisco beispielsweise schon länger das Thema Voice over IP - bis dato, wie es scheint, ohne durchschlagenden Erfolg.

Dohmen: Das sehe ich nicht so. Die Vertriebszahlen sprechen eine deutliche Sprache: Mehr als 3500 IP-Telefoniekunden weltweit, täglich mehr als 3000 verkaufte IP-Telefone - das sind Zahlen, die heute schon auf dem Tisch liegen. Und wir stehen erst am Anfang. Man kann die Vorteile dieser Technologie einfach nicht wegdiskutieren, etwa Einsparungen bei den Anschaffungs- und Betriebskosten sowie den reinen Telefongebühren. Zudem wird ein ganzes Bündel neuer Anwendungen möglich, die sich in der klassischen PBX-Welt so nicht realisieren lassen.

CW: Aber bis zu den großen Unternehmenskunden hat sich das noch nicht herumgesprochen.

Dohmen: Auch das würde ich so nicht unterschreiben. Schließlich haben wir schon einige bedeutende Referenzkunden - auch in Deutschland, etwa das Zweite Deutsche Fernsehen (ZDF). Viel wichtiger ist aber etwas anderes: Informierten sich die Kunden anfangs über Voice over IP, reden wir heute mit ihnen über konkrete Projekte. In vielen Bereichen, etwa bei den Banken und Versicherungen, werden - das ist mein Eindruck - demnächst Pilotprojekte auf Filial- und Niederlassungsebene gestartet. Sobald in Großkonzernen die alten PBX-Systeme abgeschrieben sind, rechne ich weltweit mit einem signifikanten Schwenk zu Voice over IP.

CW: Wollen Sie damit endgültig den großen, traditionellen Telco-Ausrüstern wie Siemens, Alcatel und Ericsson Konkurrenz machen?

Dohmen: Ja und Nein. Ja, wenn es darum geht, dass wir bei Voice over IP schneller im Markt waren und einfach effektiver sind. Nein, wenn es um die alten Glaubenskriege zwischen der Sprachwelt einerseits und der Datenwelt andererseits geht. Die Herausforderung, vor der die  gesamte Netz- und Telco-Branche heute steht, ist eine ganz andere: Wir reden nicht nur über Migrationslösungen von der PBX- zur IP-Telefonie, sondern auch über die Transformation herkömmlicher Sprachübertragung auf konvergente Netze inklusive der Schaffung neuer Anwendungen und Dienste.