Capgemini: Bringen Großaufträge die Trendwende?

21.05.2004
Von 
Alexander Freimark wechselte 2009 von der Redaktion der Computerwoche in die Freiberuflichkeit. Er schreibt für Medien und Unternehmen, sein Auftragsschwerpunkt liegt im Corporate Publishing. Dabei stehen technologische Innovationen im Fokus, aber auch der Wandel von Organisationen, Märkten und Menschen.

Nearshore und Offshore

Ein Ansatz, die Personalkosten unter Kontrolle zu halten, ist der Weg in den Osten - was nicht nur für Capgemini gilt. Das Unternehmen hat die Fühler nach Osteuropa ausgestreckt, in China ist der Konzern an zwei Standorten vertreten. Indien wird über Brückenköpfe in Bangalore und Mumbai abgedeckt, die Zahl der Mitarbeiter beläuft sich inzwischen auf über 1500. Wettbewerber von Capgemini kommen auf dem Subkontinent indes leicht auf den zehnfachen Wert, weshalb die Franzosen auch nicht ausschließen, einen indischen Anbieter zu übernehmen. Die Sache hat nur den Haken, dass indische Dienstleister derzeit von ihren westlichen Pendants umschwärmt werden, was sich ungünstig auf die Preise auswirkt. Einen indischen Dienstleister zu kaufen, würde bis zum Fünffachen seines Jahresumsatzes kosten, während europäische Service-Companys schon für zwei Drittel ihrer Jahreseinnahmen den Besitzer wechseln.

Frontend und Backend

Spekulativ ist die Theorie, dass sich ein indischer Dienstleister für die Übernahme von Capgemini interessiert, auch weil ein derartiger Deal die bisherigen Denkmuster der Branche auf den Kopf stellen würde. Während die Inder im Backend-Bereich stark sind, liegen die Schwerpunkte westlicher Konzerne wie Capgemini auf dem Frontend - dem Dialog mit dem Kunden und dem Wissen um die Geschäftsprozesse. Eine Fusion würde nur geringfügige Überschneidungen mit sich bringen, zumal die Inder in den USA gut im Geschäft und in Europa relativ schwach vertreten sind.

Infosys beispielsweise kam im vergangenen Geschäftsjahr auf Umsätze von etwas über einer Milliarde Dollar, weniger als ein Fünftel der Einnahmen von Capgemini. Die Franzosen verfügen derzeit über einen Börsenwert von gut vier Milliarden Euro, während Infosys auf über zehn Milliarden Dollar taxiert wird. Wipro steht, gemessen an diesen Werten, nur leicht schlechter als Infosys da. Satyam ist deutlich kleiner und wäre kaum in der Lage, den Deal zu stemmen. Allerdings muss es nicht immer eine Übernahme sein - eine "Fusion unter Gleichen" beziehungsweise eine enge Partnerschaft hätte auch ihren Charme.