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Jahresrückblick 2003 April bis Juni

Als die IT-Branche erwachsen wurde (II)

30.12.2003

Ein mittlerweile unter dem unverfänglichen Namen MCI operierendes Unternehmen hatte als Worldcom im Jahr 2002 den größten Bilanzfälschungsskandal der Wirtschaftsgeschichte verursacht und seine Ergebnisse um elf Milliarden Dollar geschönt. Die Strafe, die die US-amerikanische Börsenaufsicht SEC dafür jetzt verhängt, ist ebenfalls rekordverdächtig: 500 Millionen Dollar Bußgeld sind ein ordentlicher Klotz am Bein eines Unternehmens, das gerade wieder durchzustarten versucht.

Microsoft lässt bei der Stadt München nicht locker und will die Weißwurstmetropole nun mit einem Rabatt von 45 Prozent doch noch auf seine Seite ziehen. Prompt ändert die in den Entscheidungsprozess eingebundene Unilog Integrata Unternehmensberatung GmbH ihre Empfehlung für Linux in ein Ja zu Microsoft. Doch noch hat sich der Stadtrat nicht entschieden.

Das tut er eine Woche später Ende Mai. Und erstmals darf Microsoft erfahren, wie es sich anfühlt, wenn auf des Kontrahenten Seite ein veritabler Großkopferter steht: IBM kann, was Microsoft auch probte, nämlich beim Angebot nachbessern. Und Big Blue legte bei seiner Offerte auf Basis von Linux und Open-Source-Software offensichtlich so gewaltig nach, dass Stadträtin Christine Strobl von "qualitativ-strategischen" Vorzügen gegenüber dem Microsoft-Angebot spricht. Die Entscheidung, so die Münchner Kommunalpolitikerin, werde "Signalwirkung" haben. Die hatte sie dann auch postwendend. Nie zuvor wohl brachte es eine Entscheidung für Linux und Open Source zu einer Hauptnachricht im Abendfernsehen.

Mal wieder gilt es zu berichten über Verdächtigungen wegen Steuerbetrugs und Geldwäsche. Niemand anderes als das renommierte Unternehmen Ericsson hat sich in der Zielfahndung der Stockholmer Behörden verheddert. Der schwedische Mobilfunkspezialist, so der Vorwurf der Ermittler, habe die Schweiz als Durchgangsstation zur Reinwaschung von Schwarzgeldern in Höhe mehrerer hundert Millionen Euro benutzt. Auch soll Ericsson gegen Buchführungsbestimmungen und Steuerrecht verstoßen haben. Die Rede ist auch von Schmiergeldzahlungen in osteuropäische Staaten, wo der Konzern bedeutende Aufträge für den Aufbau von Mobilfunknetzen erhielt. Ericsson will von den Vorwürfen nichts wissen.