CW Spezial Top 100 - Servermarkt

x86-Server bedrohen Legacy-Systeme

30.09.2011
Von 
Jan-Bernd Meyer betreute als leitender Redakteur Sonderpublikationen und -projekte der COMPUTERWOCHE. Auch für die im Auftrag der Deutschen Messe AG publizierten "CeBIT News" war Meyer zuständig. Inhaltlich betreute er darüber hinaus Hardware- und Green-IT- bzw. Nachhaltigkeitsthemen sowie alles was mit politischen Hintergründen in der ITK-Szene zu tun hat.

Cisco hat exzellente Fortschritte gemacht

Butler: Genau, beispielsweise für Cisco. Dieser Hersteller hat exzellente Fortschritte gemacht im Servermarkt – immer unter der Voraussetzung, dass das Unternehmen ja bis vor zwei Jahren in diesem Segment überhaupt nicht vertreten war. Nimmt man lediglich den Umsatz, den Cisco im Servermarkt generiert, dann spielt das Unternehmen sicherlich noch keine Rolle. Aber misst man Cisco an der Aufmerksamkeit, die der Netzwerk-Riese in dem Markt erfährt, an der Sichtbarkeit also, dann hat Cisco einen großen Eindruck hinterlassen – und übt sicherlich einen erheblichen Druck auf IBM, HP und Dell aus.

Wie bei allen Produkten, die neu am Markt sind oder noch in der Einführungsphase stecken, sind auch für Cisco die Marktanteile im Serversegment noch sehr ungleich verteilt. Zwei Drittel all ihrer Server werden nach unseren Erkenntnissen in Nordamerika verkauft und nicht in Europa. In den USA ist man mit einer Investition in Cisco-Server also durchaus auf der sicheren Seite. Das sieht für Europa und Asien schon anders aus. Das wird sich ändern. Cisco hat den Vorteil, dass es in Rechenzentren schon gut vertreten ist, wenn es um Netzwerkfragen geht. Cisco kann sich also sehr wohl als Converged Infrastructure Player verkaufen.

Fujitsu hingegen konzentriert sich strategisch stark auf das Thema Cloud Computing. Die Japaner unterhalten beispielsweise eine strategische Partnerschaft mit Microsoft in Sachen Azure. In Großbritannien, wo Fujitsu eine starke Servicepräsenz besitzt, hofft das Unternehmen darauf, dass das Maß, in dem Infrastructure-as-a-Service-Kampagnen angenommen werden, eine Möglichkeit ist, das übliche Investitionsverhalten der Unternehmen bei den großen Drei zu durchbrechen.
Hersteller wie Fujitsu oder Cisco brauchen eine disruptive Entwicklung, damit sich an den Marktverhältnissen etwas ändert.

COMPUTERWOCHE: Was konkret meinen Sie mit disruptiv?

Butler: Nehmen Sie Oracle und dessen Exadata-Datenbank sowie die Exalogic-Middleware-Strategie, dann sind dies disruptive Technologien. Ihr Erfolg rührt daher, dass sie die üblichen Investitionsverhaltensweisen der Kunden verändern. Das passiert nicht über Nacht. Aber es passiert! Die Märkte und das Investitionsverhalten der Anwender sind nicht mehr so vorhersehbar. Das macht die Sache richtig interessant.

COMPUTERWOCHE: Noch einmal zu Fujitsu: Man hat dem Unternehmen früher vorgeworfen, es habe keine klare Strategie. Das scheint sich, wenn man Sie hört, geändert zu haben, oder?

Butler: Ja, ich denke schon. Fujitsu schafft es heute besser, alle seine Produktlinien für eine koordinierte Strategie zu nutzen. Früher, als Fujitsu-Siemens, hat ein Firmenbereich – Fujitsu-Siemens – Boxen verkauft und Fujitsu diente dem Kunden Services an. Aber es gab keine konzertierte Strategie, beides zusammen anzubieten und zu verkaufen. Das hat sich schon geändert.

COMPUTERWOCHE: Um seine Marktpräsenz bei Servern zu stärken, wurde spekuliert, Cisco könnte einen Serveranbieter zukaufen. Ist das noch eine realistische Option?

Butler: Zum einen kann man mit Fug und Recht fragen, ob das wirklich eine sinnvolle Strategie wäre – auch in Anbetracht der Fortschritte, die Cisco macht. Zum anderen hat Cisco in den vergangenen sechs bis zwölf Monaten durchaus eine harte Zeit durchlebt. Die operative Marge insgesamt ist zurückgegangen. Das wiederum führte zu Beunruhigungen an den Börsen. Es kamen Zweifel auf, ob Cisco es mit seinen Zukäufen nicht übertrieben hat. Wenn überhaupt, dann dürfte Cisco eher noch im Storage-Bereich zukaufen. So würde Cisco weniger abhängig von Technologie, die es von EMC oder NetApp bekommt.